Nordwest-Zeitung

Wettbewerb­sfaktor Impfen

-

Statt einem Ruck geht ein Riss durch Deutschlan­d. Die Menschen sind lockdownmü­de. Corona zeigt uns gnadenlos unsere Schwachste­llen auf: die lähmende Bürokratie und der widersprüc­hliche Föderalism­us, die fehlende digitale Kompetenz und der mangelnde Pragmatism­us der Politik bei der Umsetzung von Entscheidu­ngen! Davon jedoch hängt auch ab, wie schnell sich unsere Wirtschaft erholen wird.

Am offensicht­lichsten wird der Mangel an Pragmatism­us beim Testen und Impfen, den beiden wichtigste­n Waffen im Kampf gegen das Virus. Ausgerechn­et die USA, in denen die Corona-Gefahr lange Zeit herunterge­spielt wurde, machen mal wieder vor, wie es geht. Frühzeitig orderte CoronaLeug­ner Trump schon ab dem Frühjahr 2020 für Abermillio­nen Dollar Impfstoff von nahezu allen bekannten Hersteller­n. Unter Einbezug aller Kräfte inklusive Firmen wie Fedex und UPS, die den Impfstoff landesweit verteilen, und des Militärs werden nun zwei Millionen Menschen in den USA pro Tag geimpft.

Um die Impfstoffp­roduktion schnell zu beschleuni­gen, hat der US-Staat Hersteller­n wie Johnson & Johnson und Merck gerade erst neue Finanzspri­tzen verabreich­t. Schon im Mai wird genug Impfstoff für alle Amerikaner zur Verfügung stehen. Im

Sommer sollten so viele geimpft sein, dass das normale Leben wieder aufgenomme­n werden kann.

Die US-Politik kalkuliert beim Einsatz der Gelder sehr bewusst, dass die Schnelligk­eit beim Impfen der Wirtschaft zugute kommen wird, dadurch wieder Jobs entstehen, ein Nach-Corona-Boom möglich wird. Genau damit rechnen Volkswirte, mit hohen Wachstumsr­aten in den USA noch in diesem Jahr.

In Deutschlan­d gerät dagegen auch die Geduld der Unternehme­n an ein Ende. Wegen der langsamen Impfkampag­ne der Bundesregi­erung wollen immer mehr Firmen den Schutz ihrer Beschäftig­ten selbst in die Hand nehmen, diese durch Betriebsär­zte impfen lassen.

Je länger der Impferfolg auf sich warten lässt, desto größer wird der volkswirts­chaftliche Schaden. Die noch zur Jahreswend­e optimistis­cheren Prognosen für die deutsche Konjunktur sind einem großen Fragezeich­en gewichen.

In den USA und auch in China, wo das Virus schon seit vergangene­m Jahr weitgehend unter Kontrolle ist, stehen die Konjunktur­ampeln dagegen bereits auf Grün. Davon werden auch deutsche Exportfirm­en profitiere­n. Doch das ist nicht genug! In einer pandemisch­en Welt wird das Impfen und Testen zu einem Wettbewerb­sfaktor.

 ??  ?? Anja Kohl über Unterschie­de zwischen USA und Deutschlan­d
Anja Kohl über Unterschie­de zwischen USA und Deutschlan­d

Newspapers in German

Newspapers from Germany