Das Anderssein macht Schule
Szenisches Jugendtheaterstück über Realität und Utopie des deutschen Schulsystems
Donnerschwee – Am Anfang liegt uns die Welt zu Füßen. Wir lernen schreiben, rechnen, lesen. Wir werden größer und größer. Und irgendwann fühlen wir uns kleingemacht. Wir fragen uns, wohin all die Euphorie, all die Aufbruchsstimmung hin ist. Und wir fragen uns, was falsch gelaufen ist.
„Vieles“, finden die 13 Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule Gestaltung des Bildungszentrums Technologie und Gestaltung (BZTG). Seit den letzten Sommerferien beschäftigen sich die Jugendlichen mit der Frage, was eine „ideale Schule“ausmacht. Unter Leitung des Vereins Jugendkulturarbeit haben die Teilnehmenden das Theaterstück „Metamorphose – vom Schmetterling zur Raupe“entwickelt.
Talente fördern
Ob sich tatsächlich etwas ändern kann? „Das wäre natürlich toll“, sagt Josy. Verbesserungswürdig am deutschen Schulsystem ist für die Zwölftklässlerin zumindest einiges: „Das Schubladendenken muss aufhören“, sagt sie – „Kinder können sich so nicht entwickeln, wie es ihnen liegt.“Das sogenannte Bulimie-Lernen – schnell, ganz viel eintrichtern und wieder abfragen – sei ebenso schädlich wie der einseitige Fokus. Musische, künstlerische, soziale Talente würden vergleichsweise wenig gefördert. „Dafür muss man gut in Mathe oder Chemie sein.“
Genau wie Josy fühlen sich die teilnehmenden Jugendlichen mittlerweile wohler. In der Fachoberschule Gestaltung können sie ihre Fähigkeiten zielgerichtet nutzen. Und alle waren von Anfang an mit Feuereifer dabei, das Theaterstück zu entwickeln – Texte zu schreiben und zu lernen, Choreografien und Szenen einzustudieren. Trotz schlechter Voraussetzungen:
Nach den ersten gemeinsamen Proben im Jugendprojektehaus musste das Meiste digital stattfinden.
Online proben
Und auch die Zoom-Treffen finden derzeit in Kleingruppen statt, weil Schule in Pandemie-Zeiten noch mal mehr abverlangt und kaum gemeinsame Zeitfenster für drei unterschiedliche Klassen ermöglicht. An diesem Nachmittag
soll die Tanzeinlage per Online-Konferenz geübt werden.
Szenisch werden verschiedene Schwerpunkte beleuchtet. Den Anfang macht die Einschulung – und am Ende steht das Abitur – aber auch die Frage: „Wen interessiert’s denn?“. Die Jugendlichen, die jetzt gerade zur Schule gehen, auf jeden Fall. Gesellschaftlich könnte sich einiges ändern, findet Jannis. „Vielleicht würden die Menschen früher herausfinden,
was sie später machen wollen und dann eine Arbeit finden, die sie erfüllt.“Eine Abschaffung der Bildungsklassifizierung, die Aufteilung in Gymnasium und Oberschule, würde viel größere Chancengleichheiten bedeuten, sagt Carina.
Wer diesen Jugendlichen zuhört, auf oder hinter der Bühne, dem wird klar, dass sich das Klischee einer desinteressierten Generation überholt hat. „Nur werden wir konsequent
nicht ernst genommen“, sagt Josy – das zeige auch der Umgang mit den „Fridays for Future“-Forderungen.
Starke Generation
„Trotzdem sind wir eine starke Generation“, sagt Stella - „allein mit unseren Social-MediaKompetenzen können wir so viel mehr erreichen“. Vielleicht liegt dieser Generation doch noch ein bisschen Welt zu Füßen.