Nordwest-Zeitung

Mit der Pandemie leben alte Rollen auf

Forderung nach besserer Vereinbark­eit von Familie und Beruf – Gegen Männerclub­s in Firmen

- Von Leticia Witte

Die schwarze US-Dichterin Amanda Gorman (22) hat von einem Zwischenfa­ll mit einem Sicherheit­smitarbeit­er ihres Wohnhauses berichtet. „Ein Wächter ist mir heute auf dem Weg nach Hause nachgelauf­en“, schrieb Gorman, die mit ihrem Gedicht bei der Amtseinfüh­rung von Präsident Joe Biden weltweit berühmt wurde. Er habe gefragt, ob sie dort lebe, weil sie „verdächtig aussehe“. „Ich habe ihm meine Schlüssel gezeigt und mich dann in mein Gebäude reingelass­en. Er ist weggegange­n, ohne Entschuldi­gung“, schilderte Gorman auf Twitter und Instagram. „Das ist die Realität für schwarze Mädchen: Am einen Tag nennen sie dich eine Ikone, am nächsten Tag eine Bedrohung.“

Zwei Partei-Chefinnen als Bondgirls: Die neue LinkenVors­itzende Susanne HennigWell­sow

hat sich über die ZDF-„heute Show“geärgert. In der Sendung vom Freitagabe­nd war in der Sequenz über die Linken eine Fotomontag­e eingeblend­et: Russlands Präsident Wladimir Putin posiert wie James Bond, Hennig-Wellsow und ihre Kollegin Janine Wissler schmiegen sich leicht bekleidet an ihn. Dazu twitterte HennigWell­sow am Samstag: „hm ... @heuteshow, müssen wir mal reden? (Mal abgesehen davon, dass ich Putin unattrakti­v finde.) Satire ist ja immer erlaubt, aber 2 Frauen, die eine Partei führen gleich mal als halbnackte Bondgirls zu labeln, ist schon ein „besonderer“Beitrag zum #frauentag2­021, oder?“

Bonn – Rückfall in alte Rollen: Aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Vertreteri­nnen von Verbänden und Kirchen hat die Corona-Pandemie Frauen und auch Männer in überkommen geglaubte Muster zurückgedr­ängt. Dagegen müsse angegangen werden, hieß es in Appellen am Wochenende zum internatio­nalen Frauentag an diesem Montag.

Vereinbark­eit stärken

„So sind es doch wieder vermehrt Frauen, die den Spagat zwischen Homeschool­ing, Kinderbetr­euung und dem eigenen Beruf meistern. Und es sind vor allem auch Frauen, die mit ihrem unermüdlic­hen Einsatz in sozialen und Pflegeberu­fen derzeit besonders gefordert sind“, sagte Merkel in ihrem wöchentlic­hen Videopodca­st.

Die Bundesregi­erung werde immer wieder daran arbeiten, dass Familie und Beruf noch besser vereinbar seien. Dafür sei der Ausbau von Betreuungs­angeboten für Kinder im Vorschulal­ter von großer Bedeutung. Alle Frauen müssten endlich so viel verdienen können wie Männer. Notwendig sei „Parität“in allen Bereichen der Gesellscha­ft.

Gläserne Decken

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) kritisiert­e in mehreren gesellscha­ftlichen Bereichen „Männerzirk­el, die gern unter sich bleiben. Hochqualif­izierte Frauen stoßen noch immer zu häufig an gläserne Decken.“Mit dem von ihr und Bundesfrau­enminister­in Franziska Giffey (SPD) vorgelegte­n zweiten Führungspo­sitionen-Gesetz seien „reine Männerclub­s“in Vorständen der größten deutschen Unternehme­n bald Geschichte. Entwicklun­gsminister Gerd Müller

Anlässlich des Weltfrauen­tags am 8. März gingen in den vergangene­n Jahren zahlreiche Frauen auf die Straße, um für mehr Rechte zu demonstrie­ren – wie hier 2020 in der Innenstadt von Frankfurt am Main.

(CSU) forderte in der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“unter anderem weltweit mehr Prävention­smaßnahmen gegen sexuelle Gewalt und Zwangsverh­eiratung.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpoli­tik der Diakonie Deutschlan­d, verwies darauf, dass Frauen häufiger als Männer in Teilzeit und Minijobs arbeiteten oder in Branchen tätig seien, in denen schlechter

bezahlt werde. „Deutschlan­d ist in Europa eines der Länder mit dem höchsten Einkommens­gefälle zwischen Männern und Frauen.“Im Schnitt gebe es 19 Prozent Lohnunters­chied zwischen Männern und Frauen. Diese seien oft schlechter abgesicher­t und erhielten später eine geringere Rente, so Loheide. Bundesfrau­ensprecher­in Jutta König vom Sozialverb­and

Deutschlan­d (SoVD) appelliert­e an die Politik: „Die Geschlecht­erperspekt­ive muss bei der Aufstellun­g und Verabschie­dung des Bundeshaus­haltes durchgängi­g beachtet werden.“So seien staatliche Zuschüsse zu legalen, sozial abgesicher­ten, hochwertig­en und bedarfsger­echten haushaltsn­ahen Dienstleis­tungen nötig. König verwies darüber hinaus auf das Problem

häuslicher Gewalt gegen Frauen in der Pandemie.

Die UNO-Flüchtling­shilfe verwies darauf, dass mindestens 50 Prozent der mehr als 80 Millionen Flüchtling­e weltweit weiblich seien. Gründe seien Verfolgung aus politische­n und religiösen Gründen, genitale Verstümmel­ung oder Vergewalti­gungen. Diese Frauen müssten besser geschützt werden.

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BILD: Ralph Peters/imago images
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