Ex-Chef von Kloster Andechs heiratet Verlobten
Ehemaliger Benediktiner Anselm Bilgri tritt aus Kirche aus und outet sich – Kritik an Reformstau – Zerwürfnis mit Orden
München/Andechs – Sein ganzes Leben lang war Anselm Bilgri engstens verbunden mit der römisch-katholischen Kirche. Als Bub war er Ministrant, später Mönch und sogar Prior des berühmten oberbayerischen Klosters Andechs. Zum Priester geweiht wurde er vor rund 40 Jahren von Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI.
Als Bilgri 2004, nachdem er bei der Abtwahl übergangen worden war, aus dem Kloster
Rückzug: Anselm Bilgri (67) hat mit der katholischen Kirche gebrochen
und dem Benediktinerorden austrat, machte das bundesweit Schlagzeilen – und Ähnliches ist nun mit zwei seiner persönlichen Entscheidungen wieder passiert: Im Dezember trat Bilgri aus der römisch-katholischen Kirche aus, um kurz darauf in die deutlich liberalere altkatholische Kirche einzutreten. Und jetzt hat der geweihte Priester bekannt gegeben, an diesem Freitag heiraten zu wollen – und zwar einen Mann, seinen langjährigen Lebensgefährten Markus.
Damit wirft der 67-Jährige, der heute als Unternehmensberater und Buchautor arbeitet, das Schlaglicht auf gleich zwei umstrittene römisch-katholische Prinzipien: den
Zwangszölibat, die verordnete Ehe- und Sexlosigkeit für katholische Priester, und das kirchliche Verbot der Segnung homosexueller Ehen.
„Mein Privatleben ist kirchenpolitisch geworden“, sagt Bilgri. Ihm sei klar gewesen, dass er seinen Priesterstatus in der römisch-katholischen Kirche verliere, wenn er einen Mann heirate. „Aber ich wäre auch so ausgetreten.“
Bilgri, der sich seit Jahren kirchenkritisch äußert, hat die Geduld mit der römisch-katholischen Kirche verloren.
„Irgendwann ist Schluss. Mir geht natürlich – wie vielen Menschen – der Umgang mit den Betroffenen sexuellen Missbrauchs furchtbar auf den Geist“, sagt er. „Aber nicht nur das: Es tut sich einfach nichts, obwohl Forderungen nach Reformen immer lauter werden.“
Auch wenn es ihm schwer gefallen sei, seiner religiösen Heimat den Rücken zu kehren, fühle er sich in der altkatholischen Kirche sehr wohl. „Dass dieses Bigotte, diese Doppelmoral, bei den Altkatholiken fehlt, gefällt mir sehr.“
Seinen 27 Jahre jüngeren Verlobten will er – nach der standesamtlichen Trauung durch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) – später in einer altkatholischen Zeremonie auch vor Gott heiraten.
Er selbst habe im Kloster gemerkt, dass er schwul ist, mit dieser Erkenntnis als Mönch aber gekämpft. Erst seit seinem Austritt aus dem Kloster könne er selbst dazu stehen, seit sechs, sieben Jahren wisse auch sein persönliches Umfeld Bescheid.