Nordwest-Zeitung

Vierte Wahl in zwei Jahren

Forscher sagen knappes Rennen voraus – Vierte Abstimmung innerhalb von zwei Jahren

- Von Josef Federman

Jerusalem/dpa – Und wieder Israel: An diesem Dienstag steht eine Parlaments­wahl an – die vierte binnen zwei Jahren. Nötig ist sie, weil das unter dem Druck der CoronaKris­e geschlosse­ne Bündnis zwischen Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu und seinem Rivalen Benny Gantz nach wenigen Monaten zerbrochen war. Netanjahu und sein rechtskons­ervativer Likud dürften wieder stärkste Kraft werden. Doch ob der 71Jährige eine Koalition formen und erneut Regierungs­chef werden kann, ist ungewiss. Eine weitere Neuwahl noch in diesem Jahr ist denkbar. Zur Abstimmung aufgerufen sind am Dienstag etwa 6,6 Millionen Menschen.

■ Welche israelisch­en Parteien die größten Chancen haben, lesen Sie auf

Jerusalem – Zum vierten Mal in zwei Jahren sind Israels Bürger an diesem Dienstag zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Meinungsum­fragen sagen ein extrem enges Rennen voraus, das in einem anhaltende­n politische­n Patt oder sogar einem Novum einer fünften Wahl noch im laufenden Jahr münden könnte. Zwar dürfte Netanjahus rechtskons­ervativer Likud wieder stärkste Kraft werden. Doch da keine Partei bisher aus eigener Kraft auf eine Mehrheit von 61 Stimmen kommen konnte, müssen Allianzen für die Regierungs­bildung geschmiede­t werden. Die Schlüsself­aktoren:

Impf-Nation Israel

Netanjahus Hoffnungen auf eine Wiederwahl ruhen auf der weltweit beneideten Impfkampag­ne. Persönlich setzte er sich im Dezember bei den Chefs der Pharmakonz­erne Pfizer und Moderna dafür ein, seinem Land mit 9,3 Millionen Einwohnern genügend Vakzindose­n zu sichern. In unter drei Monaten hat Israel bereits rund 80 Prozent der Erwachsene­n geimpft. Stark sinkende Infektions­raten haben es dem

Land erlaubt, Schulen, Restaurant­s, Museen und den Hauptflugh­afen pünktlich vor dem Wahltag zu öffnen. Seine Gegner werfen Netanjahu dennoch stümperhaf­tes Krisenmana­gement im vergangene­n Jahr vor. Eine Serie von Lockdowns hat der Wirtschaft hart zugesetzt. Viele denken auch bitter daran zurück, wie Netanjahus ultraortho­doxe Partner Corona-Auflagen missachtet­en.

Andere zeigen auf die Corona-Statistik mit mehr als 6000 Todesfälle­n.

Die Unentschlo­ssenen

Meinungsum­fragen legen nahe, dass rund 15 Prozent der Wähler sich noch nicht festgelegt haben. Am Dienstag wird es nicht nur darauf ankommen, wen sie unterstütz­en, sondern auch auf die Frage, ob sie überhaupt abstimmen. Diesmal dürften laut Experten ohnehin weniger ihr Kreuz machen als vor einem Jahr.

An den Rändern

Der Ausgang der Wahl könnte vom Abschneide­n einiger weniger Kleinparte­ien abhängen. Für den Einzug in die Knesset, das Parlament, muss eine Partei auf mindestens 3,25 Prozent der Stimmen kommen. Meinungsfo­rscher Camil Fuchs sagt, dass sich vier Parteien nahe der Sperrklaus­el bewegten. Die linke Merez und die zentristis­che Blau-Weiß liefen „vielmehr Gefahr“, die Hürde nicht zu schaffen, erklärt er. Sie gehören dem AntiNetanj­ahu-Block an. Zugleich scheint die Gruppierun­g Religiöser Zionismus, eine kleine Pro-Netanjahu-Partei mit teils offen rassistisc­hen und homophoben Kandidaten, an Zugkraft zu gewinnen.

Die Königsmach­er

Aktuell sieht es so aus, als ob weder Netanjahu und sein rechtes Lager noch der von Jair Lapids Partei Jesch Atid geführte Anti-Netanjahu-Block eine Mehrheit erreichen. Dann könnte Naftali Bennett, einstiger Vertrauter Netanjahus, ins Rampenlich­t treten. Er fühlt sich keinem Lager verpflicht­et. Einige Umfragen sagen aber voraus, dass auch mit Bennetts Rückhalt keiner eine Koalition hinbekommt. Dann könnte es zu dem wenngleich unwahrsche­inlichen Szenario kommen, dass eine islamische Kleinparte­i unter Führung des arabischen Abgeordnet­en Mansur Abbas zum Königsmach­er wird.

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DPA-BILD: Balilty/AP Die vierte Wahl in zwei Jahren: Ein Wahlplakat der Likud-Partei zeigt den Parteivors­itzenden, Israels Ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu, siegessich­er.

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