Vierte Wahl in zwei Jahren
Forscher sagen knappes Rennen voraus – Vierte Abstimmung innerhalb von zwei Jahren
Jerusalem/dpa – Und wieder Israel: An diesem Dienstag steht eine Parlamentswahl an – die vierte binnen zwei Jahren. Nötig ist sie, weil das unter dem Druck der CoronaKrise geschlossene Bündnis zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seinem Rivalen Benny Gantz nach wenigen Monaten zerbrochen war. Netanjahu und sein rechtskonservativer Likud dürften wieder stärkste Kraft werden. Doch ob der 71Jährige eine Koalition formen und erneut Regierungschef werden kann, ist ungewiss. Eine weitere Neuwahl noch in diesem Jahr ist denkbar. Zur Abstimmung aufgerufen sind am Dienstag etwa 6,6 Millionen Menschen.
■ Welche israelischen Parteien die größten Chancen haben, lesen Sie auf
Jerusalem – Zum vierten Mal in zwei Jahren sind Israels Bürger an diesem Dienstag zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Meinungsumfragen sagen ein extrem enges Rennen voraus, das in einem anhaltenden politischen Patt oder sogar einem Novum einer fünften Wahl noch im laufenden Jahr münden könnte. Zwar dürfte Netanjahus rechtskonservativer Likud wieder stärkste Kraft werden. Doch da keine Partei bisher aus eigener Kraft auf eine Mehrheit von 61 Stimmen kommen konnte, müssen Allianzen für die Regierungsbildung geschmiedet werden. Die Schlüsselfaktoren:
Impf-Nation Israel
Netanjahus Hoffnungen auf eine Wiederwahl ruhen auf der weltweit beneideten Impfkampagne. Persönlich setzte er sich im Dezember bei den Chefs der Pharmakonzerne Pfizer und Moderna dafür ein, seinem Land mit 9,3 Millionen Einwohnern genügend Vakzindosen zu sichern. In unter drei Monaten hat Israel bereits rund 80 Prozent der Erwachsenen geimpft. Stark sinkende Infektionsraten haben es dem
Land erlaubt, Schulen, Restaurants, Museen und den Hauptflughafen pünktlich vor dem Wahltag zu öffnen. Seine Gegner werfen Netanjahu dennoch stümperhaftes Krisenmanagement im vergangenen Jahr vor. Eine Serie von Lockdowns hat der Wirtschaft hart zugesetzt. Viele denken auch bitter daran zurück, wie Netanjahus ultraorthodoxe Partner Corona-Auflagen missachteten.
Andere zeigen auf die Corona-Statistik mit mehr als 6000 Todesfällen.
Die Unentschlossenen
Meinungsumfragen legen nahe, dass rund 15 Prozent der Wähler sich noch nicht festgelegt haben. Am Dienstag wird es nicht nur darauf ankommen, wen sie unterstützen, sondern auch auf die Frage, ob sie überhaupt abstimmen. Diesmal dürften laut Experten ohnehin weniger ihr Kreuz machen als vor einem Jahr.
An den Rändern
Der Ausgang der Wahl könnte vom Abschneiden einiger weniger Kleinparteien abhängen. Für den Einzug in die Knesset, das Parlament, muss eine Partei auf mindestens 3,25 Prozent der Stimmen kommen. Meinungsforscher Camil Fuchs sagt, dass sich vier Parteien nahe der Sperrklausel bewegten. Die linke Merez und die zentristische Blau-Weiß liefen „vielmehr Gefahr“, die Hürde nicht zu schaffen, erklärt er. Sie gehören dem AntiNetanjahu-Block an. Zugleich scheint die Gruppierung Religiöser Zionismus, eine kleine Pro-Netanjahu-Partei mit teils offen rassistischen und homophoben Kandidaten, an Zugkraft zu gewinnen.
Die Königsmacher
Aktuell sieht es so aus, als ob weder Netanjahu und sein rechtes Lager noch der von Jair Lapids Partei Jesch Atid geführte Anti-Netanjahu-Block eine Mehrheit erreichen. Dann könnte Naftali Bennett, einstiger Vertrauter Netanjahus, ins Rampenlicht treten. Er fühlt sich keinem Lager verpflichtet. Einige Umfragen sagen aber voraus, dass auch mit Bennetts Rückhalt keiner eine Koalition hinbekommt. Dann könnte es zu dem wenngleich unwahrscheinlichen Szenario kommen, dass eine islamische Kleinpartei unter Führung des arabischen Abgeordneten Mansur Abbas zum Königsmacher wird.