Corona drückt die Zahl der Straftaten
Innenminister spricht von historischem Tiefstand – Anstieg der häuslichen Gewalt
Hannover – Die Corona-Pandemie hat auch bei der Entwicklung der Kriminalität tiefe Spuren hinterlassen. Die Zahl der registrierten Straftaten hat mit 497 158 im Vorjahr einen „historischen Tiefstand“erreicht, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Montag bei der Vorlage der Kriminalstatistik für 2020. Ein Jahr zuvor waren es noch 506582, während die Aufklärungsquote von 63,4 auf 64,3 Prozent stieg. Gegen den Trend nahmen Internet-Kriminalität, häusliche Gewalt und Gewalttaten gegen Polizeibeamte zu.
■ Mord / Totschlag
Bei den „Straftaten gegen das Leben“stieg die Zahl der Fälle um 55 auf 417. Darunter sind auch zehn versuchte Totschlagsdelikte aus dem Bereich der Polizeiinspektion Delmenhorst. Die Täter hatten Gegenstände von einer Autobahnbrücke geworfen, erklärte Landespolizeipräsident Axel Brockmann. Die Aufklärungsquote betrug 88 Prozent.
■ Sexualdelikte
Es gab zwölf Prozent mehr Sexualdelikte. Die Zunahme auf 9033 Fälle (2019: 8045) hängt
laut Brockmann damit zusammen, dass bestimmte Belästigungen wie Grapschen nun als Straftat verfolgt werden können. Die Verbreitung kinderund jugendpornografischen Materials stieg um 33,4 Prozent auf 3357 Fälle. Bei Vergewaltigungen sowie nötigungsähnlichen Delikten gab es laut Statistik einen Rückgang um 2,1 Prozent auf 1259 Fälle.
■ Diebstahl / einbrüche
Weil in der Krise Geschäfte und das öffentliche Leben eingeschränkt sind, sank die Zahl der Diebstahlsdelikte um elf Prozent auf 145 035. Brockmann zufolge haben sich die Fallzahlen in den vergangenen 20 Jahren halbiert. Die Aufklärungsquote stieg leicht auf 35,4 Prozent. Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank um
1718 auf 7738 Fälle; davon waren 3350 versuchte Einbrüche.
■ Betrug
Die Zahl der sogenannten Vermögensund Fälschungsdelikte stieg um rund 2808 Fälle auf 103 897. Pandemiebedingt schnellten die Taten bei Leistungsund Warenbetrug nach oben. Allein 162 Fälle von gefälschten Gesundheitszeugnissen wurden aktenkundig; 2019 war es gerade einer.
■ Gewalt
Zwar sank die Gewaltkriminalität auf 16 597 Fälle, doch bei der häuslichen Gewalt sei seit zehn Jahren ein Anstieg zu beobachten. Insgesamt gab es 20 509 Fälle. Im vergangenen Jahr starben 29 Menschen; 73 Prozent der Opfer waren Frauen. Pistorius forderte, „Frauenhass“künftig in der Statistik gesondert zu erfassen. Eine weitere Studie solle auch das „Dunkelfeld“beleuchten.
Ebenfalls stieg die Gewalt gegen Polizeibeamte um sieben Prozent auf 3548 Fälle. Bei den Demos gegen CoronaMaßnahmen steige die Bereitschaft zu Gewalt gegen Polizisten, sagte Pistorius.
■ Internet-Kriminalität
Fake-Shops, kriminelle Spendenaufrufe und ein Anstieg bei Phishing-Mails: Im Vorjahr wurde mit 42 785 Fällen (plus 24 Prozent) ein Höchstwert für Straftaten im Internet registriert. Selbst die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie unter den Jugendlichen selbst stieg auf 1332 Fälle (plus 33 Prozent). Pistorius warnte davor, weitere Stellen bei der Polizei abzubauen.