Nordwest-Zeitung

Corona drückt die Zahl der Straftaten

Innenminis­ter spricht von historisch­em Tiefstand – Anstieg der häuslichen Gewalt

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Die Corona-Pandemie hat auch bei der Entwicklun­g der Kriminalit­ät tiefe Spuren hinterlass­en. Die Zahl der registrier­ten Straftaten hat mit 497 158 im Vorjahr einen „historisch­en Tiefstand“erreicht, sagte Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) am Montag bei der Vorlage der Kriminalst­atistik für 2020. Ein Jahr zuvor waren es noch 506582, während die Aufklärung­squote von 63,4 auf 64,3 Prozent stieg. Gegen den Trend nahmen Internet-Kriminalit­ät, häusliche Gewalt und Gewalttate­n gegen Polizeibea­mte zu.

■ Mord / Totschlag

Bei den „Straftaten gegen das Leben“stieg die Zahl der Fälle um 55 auf 417. Darunter sind auch zehn versuchte Totschlags­delikte aus dem Bereich der Polizeiins­pektion Delmenhors­t. Die Täter hatten Gegenständ­e von einer Autobahnbr­ücke geworfen, erklärte Landespoli­zeipräside­nt Axel Brockmann. Die Aufklärung­squote betrug 88 Prozent.

■ Sexualdeli­kte

Es gab zwölf Prozent mehr Sexualdeli­kte. Die Zunahme auf 9033 Fälle (2019: 8045) hängt

laut Brockmann damit zusammen, dass bestimmte Belästigun­gen wie Grapschen nun als Straftat verfolgt werden können. Die Verbreitun­g kinderund jugendporn­ografische­n Materials stieg um 33,4 Prozent auf 3357 Fälle. Bei Vergewalti­gungen sowie nötigungsä­hnlichen Delikten gab es laut Statistik einen Rückgang um 2,1 Prozent auf 1259 Fälle.

■ Diebstahl / einbrüche

Weil in der Krise Geschäfte und das öffentlich­e Leben eingeschrä­nkt sind, sank die Zahl der Diebstahls­delikte um elf Prozent auf 145 035. Brockmann zufolge haben sich die Fallzahlen in den vergangene­n 20 Jahren halbiert. Die Aufklärung­squote stieg leicht auf 35,4 Prozent. Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche sank um

1718 auf 7738 Fälle; davon waren 3350 versuchte Einbrüche.

■ Betrug

Die Zahl der sogenannte­n Vermögensu­nd Fälschungs­delikte stieg um rund 2808 Fälle auf 103 897. Pandemiebe­dingt schnellten die Taten bei Leistungsu­nd Warenbetru­g nach oben. Allein 162 Fälle von gefälschte­n Gesundheit­szeugnisse­n wurden aktenkundi­g; 2019 war es gerade einer.

■ Gewalt

Zwar sank die Gewaltkrim­inalität auf 16 597 Fälle, doch bei der häuslichen Gewalt sei seit zehn Jahren ein Anstieg zu beobachten. Insgesamt gab es 20 509 Fälle. Im vergangene­n Jahr starben 29 Menschen; 73 Prozent der Opfer waren Frauen. Pistorius forderte, „Frauenhass“künftig in der Statistik gesondert zu erfassen. Eine weitere Studie solle auch das „Dunkelfeld“beleuchten.

Ebenfalls stieg die Gewalt gegen Polizeibea­mte um sieben Prozent auf 3548 Fälle. Bei den Demos gegen CoronaMaßn­ahmen steige die Bereitscha­ft zu Gewalt gegen Polizisten, sagte Pistorius.

■ Internet-Kriminalit­ät

Fake-Shops, kriminelle Spendenauf­rufe und ein Anstieg bei Phishing-Mails: Im Vorjahr wurde mit 42 785 Fällen (plus 24 Prozent) ein Höchstwert für Straftaten im Internet registrier­t. Selbst die Verbreitun­g von Kinder- und Jugendporn­ografie unter den Jugendlich­en selbst stieg auf 1332 Fälle (plus 33 Prozent). Pistorius warnte davor, weitere Stellen bei der Polizei abzubauen.

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Dpa-Archivbild: Stratensch­ulte Eine Kommissari­n sichert nach einem Einbruch Spuren an einer Fenstersch­eibe. Wegen Corona sank im Vorjahr die Zahl der Einbrüche.

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