Sichtbar bleiben im Kampf gegen Alltagsrassismus
Edith-Russ-Haus für Medienkunst mit hochpolitischer Ausstellung „Negotiating the Law“
Oldenburg – Rassismus kennt keinen Lockdown, Gewalt macht keine Pause – im Gegenteil: die Corona-Pandemie hat zwar viele Auswüchse des menschlichen Miteinanders unsichtbar gemacht, dafür werden Konflikte nun hinter verschlossenen Türen ausgetragen. Offen steht dagegen das Edith-RussHaus für Medienkunst, das sein Programm mit der hochpolitischen Ausstellung „Das Recht verhandeln − Negotiating the Law“fortsetzt. Die beeindruckende Video-Installation ist bedauerlicherweise nur noch bis zum kommenden Sonntag zu sehen.
Mario Pfeifer greift hier das Thema Rassismus anhand von drei realen Beispielen der jüngeren deutschen Geschichte auf und bezieht die Betrachterinnen in den juristischen Aufarbeitungsprozess ein. Die großformatige Video-Installation „Again/Noch Einmal“von 2018 setzt sich mit einem Vorfall in der Nähe von Dresden 2016 auseinander, bei dem Shabaz al-Aziz, ein kurdischirakischer Geflüchteter, nach einem Streit im Supermarkt attackiert und von vier Männern an einen Baum gefesselt wurde. Bevor der Prozess gegen die Täter begann, wurde al-Aziz in einem Wald tot aufgefunden.
Als Manifest gegen brutale Polizeigewalt ist das Werk „#blacktivist“von 2015 angelegt. Diese Arbeit montiert filmszenische Darstellungen von Einsätzen – festgehalten von Überwachungskameras und Body-Cams – in die Ästhetik eines konventionellen Musikvideos. Konzeptioneller
Ausgangspunkt ist Pfeifers neue Arbeit „Zelle 5 – 800° Celsius“. Sie beruht auf der künstlerischen Aufarbeitung forensischer Materialien im Fall von Oury Jalloh, eines Asylsuchenden aus Sierra Leone, der 2005 in der Gewahrsamszelle des Polizeireviers Dessau-Roßlau verbrannte.
„Es ist für uns alle gut, dass wir endlich sichtbar sein können“, sagt Marcel Schwierin, Kurator, Filmemacher und gemeinsam mit Edit Molnár Leiter des Edith-Russ-Hauses in Oldenburg. „Gleichzeitig ist es traurig, dass diese besondere Ausstellung aufgrund der kurzen Dauer nicht die Resonanz erfährt, die diesem Thema angemessen wäre.“Fragen zu Wahrnehmung und Manipulation der Öffentlichkeit, zur Rolle der Medien und der Justiz sind aktueller denn je.
Was Sprache bewirkt, wird „Language for Sale“ab April zeigen. Diese internationale Gruppenausstellung untersucht die Veränderungen der Sprache im Allgemeinen und in der Öffentlichkeit. Gesellschaftliche Umbrüche spiegeln sich auch in der Sprache wider, sei es in Werbung, sozialen Medien oder im Populismus auf politischer Bühne.
Edith-Russ-Haus für Medienkunst: Jahresprogramm sowie Corona-Hinweise im Netz unter @ www.edith-russ-haus.de