Aufkleber: Vergleich mit NS-Regime
„Impfung macht frei“steht auf Aufklebern, die vielfach in Oldenburg aufgetaucht sind
Oldenburg/CMH – Seit rund drei Wochen sind sie in Oldenburg immer wieder an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet aufgetaucht – Aufkleber mit der Aufschrift „Impfung macht frei“. Das Motiv erinnert an das Eingangstor eines Konzentrationslagers der Nationalsozialisten. Damals stand über den Toren der Spruch „Arbeit macht frei“. Die SPD-Landtagsabgeordnete Hanna Naber hat in Oldenburg mehrere der Aufkleber entdeckt und ist schockiert. „Das ist ungeheuerlich. Es ist eine Verhöhnung der Opfer der Shoa“, sagt Naber. Die Botschaft der Aufkleber verdeutliche, dass sich Impf-Gegner in die Rolle der Opfer des Nationalsozialismus imaginieren, sagt Klaus Thörner, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Oldenburg. Dadurch setzen sie die Vernichtungspolitik der Nazis mit den Coronamaßnahmen der Bundesregierung gleich, meint er.
Wenn Borni einfliegt, dann dauert es nicht lange und die ersten Fotos werden an die Redaktion gemailt. Weit entfernt vom Weißstorch in KleinBornhorst soll es auf Stadtgebiet einen Artgenossen geben, wie Theobald jetzt erfahren hat. „Hier in Bümmerstede gibt es seit einigen Jahren Bümmi, den kleinsten Storch der Welt! Bümmi hat sich sein Nest auf einem Mehrfamilienhaus im Herzen Bümmerstedes gesucht und fliegt von da aus unter großem Krakele in die Nachbargärten, um Futter zu suchen. Und im Sommer lehrt er dann seinem Nachwuchs das Fliegen, bevor er wieder das Weite sucht“, heißt es in der Mail.
Der Verfasser verhehlt nicht, dass man sich fragt, warum Bümmi so klein und gestaucht aussieht. Er sei vielleicht gar kein Storch, sondern ein Austernfischer, habe ein Naturfreund behauptet. Geklärt ist noch nichts. Der Absender schreibt: „Nur mit dem Herzen sieht man richtig.“Für die Einen sei Bümmi eben ein gewöhnlicher Austernfischer, für die Anderen ist er der wahrscheinlich kleinste Storch der Welt, der es locker mit seinem Kollegen aus Bornhorst aufnehmen könne.
So soll es sein. Ein Foto hätte aber doch ganz gerne:
theobald@NWZmedien.de
Oldenburg – Sofort fällt er ins Auge. Nicht nur, weil der große Aufkleber sehr kontrastreich ist, sondern auch wegen des Spruchs: „Impfung macht frei“steht in großen Buchstaben darauf. In den vergangenen Tagen und Wochen sind die markanten Aufkleber immer wieder im Oldenburger Stadtgebiet aufgetaucht: An der Ofener Straße, der Peterstraße, in der Nähe der Uni, an der Kennedystraße, an der Ersatzbrücke der Cäcilienbrücke und an vielen anderen Stellen.
Vergleich mit Nazi-Zeit
Der darauf erkennbare Spruch kommt nicht von ungefähr. Das Motiv erinnert an die Eingangstore einiger Konzentrationslager der Nationalsozialisten – zum Beispiel in Sachsenhausen oder Dachau – in denen mehrere Zehntausend Menschen ermordet wurden. Damals stand über den Toren der Spruch „Arbeit macht frei“.
„Das ist ungeheuerlich. Es ist eine Verhöhnung der Opfer der Shoa“, sagt Hanna Naber. Auf dem Weg zu ihrem Wahlkreisbüro habe die SPD-Landtagsabgeordnete vor zwei Wochen drei der Aufkleber gefunden und entfernt. „Ich stehe für die Meinungsfreiheit und
Die Aufkleber mit der Aufschrift „Impfung macht frei“sind an vielen Stellen im Oldenburger Stadtgebiet gefunden worden: Hier an der Cäcilien-Ersatzbrücke
dafür, dass man Kritik an den Maßnahmen äußern kann. Aber das geht zu weit. Ich verurteile diese Aktion auf das Schärfste“, sagt Naber und ergänzt: „In einem demokratischen Land, in dem es übrigens keine Impfpflicht gegen das Virus gibt, Politik mit der Toreinfahrt eines so schrecklichen
Ortes zu machen – das ist eine absolute Relativierung des Faschismus.“
Die Darstellung des KZ-Tores und die veränderte Botschaft seien eine Verharmlosung des Holocausts, findet auch Jan Krieger. Er ist Leiter des Regionalbüros Nordwest der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus. Ihm sind die Aufkleber bekannt und gemeldet worden.
„Dieses oder ähnliche Motive sind bereits im letzten Jahr mehrfach in unterschiedlichen Chatgruppen, zum Beispiel auf Telegram, aufgetaucht. Es kommt aus den Reihen der Impfgegner und Verschwörungsideologen“, sagt Krieger und ergänzt: „Vor allem bei den sogenannten Querdenkern wurden und werden immer wieder Vergleiche der aktuellen Situation mit dem faschistischen Regime der Nationalsozialisten gezogen.“Er verortet den Ursprung der Aufkleber in diesem Milieu.
Bei einer Protestaktion von Impfgegnern, die im Februar in Oldenburg stattgefunden hat, hielt eine Demonstrantin ein Schild mit der Aufschrift „Impfen macht frei? Wacht endlich auf!“in die Höhe. Ähnliche Aussagen wurden Krieger zufolge in der jüngeren Vergangenheit strafrechtlich verfolgt – nicht immer erfolgreich.
Meinungsfreiheit
In einer Osnabrücker Telegram-Chatgruppe war das Motiv bereits im November 2020 aufgetaucht. Wie die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete, hatte die Polizei selbst Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Auf Anfrage bei der Oldenburger Polizei sagt Sprecher Jens Rodiek, dass die Verwendung solcher Aufkleber durch die Meinungsfreiheit getragen sei. Laut dieser Einschätzung stellen die in der Stadt verteilten Aufkleber keine strafbare Handlung dar.