Nordwest-Zeitung

Teststrate­gie wird angepasst

Kultusmini­ster Tonne will nach Probelauf Verfahren optimieren

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Herr Tonne, nach dem Stress der vergangene­n Wochen werden Sie vor Ostern vermutlich mit Ihrer Familie in den Flieger nach Mallorca steigen, um auszuspann­en…

Tonne: Ein doppeltes Nein: Wir bleiben zu Hause, und ich nehme noch keinen Urlaub. Ich bin im Ministeriu­m, um die Woche mit CoronaSchn­elltests an den Schulen auszuwerte­n.

Liegen schon Ergebnisse vor? Tonne: Die Rückmeldun­gen gehen jetzt nach und nach bei uns ein, aber wir haben noch kein abgeschlos­senes Bild. Es war aber eine riesige Kraftanstr­engung für alle Beteiligte­n, so viel steht schon fest. 1,6 Millionen Testkits wurden in mehreren Margen an die Schulen ausgeliefe­rt. Dahinter steckt auch eine große logistisch­e Leistung.

Warum müssen die Tests in der Schule durchgefüh­rt werden? Die Lehrer sehen sich zusätzlich­en Gefahren ausgesetzt. Und die Schüler fühlen sich stigmatisi­ert, wenn sie positiv getestet werden.

Tonne: Die Tests wurden von den Grundschül­erinnen und Grundschül­ern zu Hause vorgenomme­n, im weiterführ­enden Bereich in den Schulen. Wir haben also beide Varianten ausprobier­t. Es gibt für jeden Weg gute Gründe dafür und substanzie­lle Einwände dagegen. Wer flächendec­kend testen will und sichere Ergebnisse verlangt, muss in der Schule testen. Das Unwohlsein der Beteiligte­n muss aber auch sehr ernsthaft berücksich­tigt werden. Mich ärgert aber, dass schon Einwände gekommen sind, bevor überhaupt ein einziger Test in der Schule ausprobier­t wurde. Ich hätte erwartet, dass man sich darauf einlässt. Denn die Abläufe sind sicher.

Was passiert, wenn beispielsw­eise der Test eines Fünftkläss­lers „positiv“ist? Tonne: Natürlich muss das Kind dann isoliert und auch ein PCR-Test durchgefüh­rt werden, um das Ergebnis des Schnelltes­ts zu verifizier­en. Bald wird der Schnelltes­t zum Alltag gehören: Denn Gleiches kann vor dem Besuch im Restaurant oder im Kino passieren. Ich räume ein: Die mögliche Stigmatisi­erung ist ein ernsthafte­s Argument gegen Schnelltes­ts in der Schule.

Demnach wären Sie bereit, Ihre Position zu ändern? Tonne: Ich habe deutlich gesagt: Wir werten die Ergebnisse der Testwoche sehr offen aus. Dafür haben wir sie durchgefüh­rt. Es gibt keine Präjudizie­rung für ein bestimmtes Modell. Klar ist aber: Größtmögli­che Sicherheit gibt es nur, wenn alle daran teilnehmen. Bei Tests in den eigenen vier Wänden darf nicht gemogelt werden.

Es wird nur zweimal die Woche getestet, warum nicht täglich? Tonne: Die Fachleute sagen, dass zweimal pro Woche ausreichen­d ist. Wichtig ist auch: Die Tests ersetzen nicht die Hygiene- und Abstandsre­geln; sie ergänzen die Strategie.

Dürfen Kinder, die negativ getestet werden, dann auch nachmittag­s zum Sportverei­n oder zur Musikschul­e?

Tonne: Die Tests dürfen nicht dazu führen, an anderer Stelle nachlässig zu werden. Ein Test am Montagmorg­en kann Stand heute nicht fürs Freizeitve­rgnügen am Dienstagab­end herhalten. Es geht darum, dass wir ein umfassende­s Testregime entwickeln, damit in allen Bereichen wieder mehr möglich ist.

Werden mit Tests auch Schulöffnu­ngen in Regionen mit Inzidenzwe­rten oberhalb von 100 Infizierte­n pro 100 000 Einwohner möglich?

Tonne: Das könnte zumindest ein Ergebnis sein. Nach den Osterferie­n werden wir zweimal pro Woche in den Schulen testen. Die Ergebnisse sehen wir uns an.

Sie haben gesagt, Eltern sollten prüfen, ob ihre Kinder freiwillig wiederhole­n. War es ein verlorenes Schuljahr? Tonne: Nein, wir raten nicht zum Wiederhole­n. Die Botschaft an die Schülerinn­en und Schüler ist: Glaubt an Euch! In Einzelfäll­en kann es aber für Jugendlich­e gut sein, das Schuljahr zu wiederhole­n, wenn die Lernrückst­ände groß sind und die individuel­le Lage eines Kindes wegen Corona insgesamt erkennbar schwierig war. Sollten sich Eltern und Schüler mit diesem Gedanken tragen, empfehlen wir eine intensive Beratung. Den Wiederhole­rn wird das Schuljahr nicht angerechne­t.

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