Nordwest-Zeitung

Qualität von aromatisch bis verdorben

Nur fünf Produkte mit Gut benotet – „Bio“allein ist kein Gütesiegel

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Berlin/TD – Fleischqua­lität, Haltung und Arbeitsbed­ingungen in den Schlachthö­fen hat Stiftung Warentest für 17 frische Hähnchensc­henkelProd­ukte untersucht, darunter preiswerte von Aldi, Lidl und Co sowie teure Biokeulen. Ergebnis: Oft sind zu viele Keime im Fleisch. Und für das Tierwohl könnten sich die Anbieter noch deutlich stärker engagieren.

Bilder von Hühnern dicht an dicht, Berichte von zu viel Antibiotik­a in der Mast und Keimfunde im Fleisch können den Appetit verderben. Die Stiftung Warentest hat sowohl die Qualität des Fleischs als auch das Engagement der Anbieter für Tiere, Arbeiter und Umwelt – sprich: die Unternehme­nsverantwo­rtung (Corporate Social Responsibi­lity, CSR) – geprüft.

Am Ende überzeugte­n nur die Bio-Schenkel von Biofino, gekauft bei Edeka, sowohl in der Fleischqua­lität als auch bei den Produktion­sbedingung­en. Die Hühner, von denen sie stammen, werden nach anspruchsv­ollen Kriterien gehalten.

Geprüft und verkostet

Die Tester haben die Hähnchenke­ulen intensiv geprüft: unter anderem auf Rückstände von Antibiotik­a, Krankheits­erreger und weitere Keime. Außerdem verkostete­n sie die Produkte. Jedes zweite bestand diese sensorisch­e Prüfung ohne Tadel, zwei Bioprodukt­e ragten heraus: Neben Biofino sind es die Bio-Hähnchensc­henkel Rewe Bio (12,90 Euro). Sie rochen und schmeckten aromatisch, kräftig nach Hähnchenfl­eisch und waren zart bis sehr zart. Andere Schenkel dagegen rochen roh nicht frisch oder sogar faulig. Richtig verdorben und deshalb mangelhaft waren die Hähnchen-Biokeulen des Anbieters Freiland Puten. Die Tester wiesen darin viele Keime nach.

Salmonelle­n und Keime

Vier Produkte sind nur ausreichen­d – alles konvention­ell erzeugtes Fleisch und Eigenmarke­n von Handelsket­ten. Zweimal wiesen die Tester

krankmache­nde Salmonelle­n nach, zweimal eine zu hohe Gesamtkeim­zahl. Außerdem enthielten viele Hähnchensc­henkel den Durchfalle­rreger Campylobac­ter und antibiotik­aresistent­e Keime. Nur wer

sie sorgfältig und hygienisch zubereitet, kann das Fleisch sicher genießen.

Vielfach Massenhalt­ung

Hähnchenfl­eisch stammt überwiegen­d aus Massentier­haltung. Nicht selten werden dort bis zu 50 000 Tiere in einem Stall gehalten und in knapp 40 Tagen zum schlachtre­ifen Tier aufgezogen. Im Supermarkt trägt solches Fleisch das Logo „Haltungsfo­rm Stufe 2“.

Die Tester haben geprüft, welche Tierhaltun­g die 13 Anbieter der Keulen von ihren Lieferante­n fordern. Und ob in Schlachthö­fen immer noch Arbeiter aus Subunterne­hmen angeheuert werden. Seit diesem Jahr ist das gesetzlich verboten.

Betriebe überprüft

30 Mast- und Schlachtbe­triebe wurden überprüft – einige vor Ort, einige aufgrund der Pandemie per VideoSchal­te. Alle Anbieter – von Aldi bis Wiesenhof – machten mit. Die Noten für das Unternehme­nsengageme­nt reichen von Gut bis Ausreichen­d. Ein Anbieter erzielte im Tierwohl die Note Sehr gut, die Mehrzahl war davon weit entfernt. Der Test zeigt klar: Händler und Landwirte können das Leben der Tiere noch stärker verbessern. Verbrauche­r können das unterstütz­en, indem sie Fleisch aus anspruchsv­ollen Tierwohlpr­ogrammen kaufen.

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BILD: Stiftung Warentest Überprüft wurden sowohl Geruch und Aussehen des rohen Hähnchens als auch Geruch und Geschmack nach der Zubereitun­g.

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