Nordwest-Zeitung

Wirecard-Film kann nicht so recht punkten

Doku-Thriller über Finanz-Skandal ab heute bei TVnow – Guter Cast, aber viel Interpreta­tion

- Von Cordula Dieckmann

München – Wirecard – noch vor einem Jahr verband man mit diesem Namen den fast schon märchenhaf­ten Aufstieg eines Zahlungsdi­enstleiste­rs. Im vergangene­n Sommer dann der Schock: Ein Finanzloch von rund 1,9 Milliarden wurde offenbar und löste den womöglich größten Bilanzskan­dal der Nachkriegs­geschichte aus. Ex-Chef Markus Braun sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft, Top-Manager Jan Marsalek ist auf der Flucht. Ein Finanzthri­ller, der auch die Filmbranch­e reizte.

Interessan­te Einblicke

Der Streaminga­nbieter TVnow macht den Beginn und zeigt ab diesem Mittwoch, 31.

Nach ihm wird gefahndet: Fotos des ehemaligen WirecardVo­rstandsmit­glieds Jan Masalek

März, den Doku-Thriller „Der große Fake – Die WirecardSt­ory“. Am 22. April um 20.15 Uhr läuft das Stück bei RTL.

Der 90-minütige Film gibt interessan­te Einblicke und verbindet Spielfilms­zenen mit

Dokumentar­ischem. Eine gute Wahl sind die Schauspiel­er, allen voran „Stromberg“-Darsteller Christoph Maria Herbst als Braun und Franz Hartwig („Charité“) als Marsalek. Nina Kunzendorf spielt eine fiktive

Journalist­in, die dem rasanten Aufstieg des Unternehme­ns aus Aschheim bei München misstraut und mit einer Kollegin dank investigat­iver Recherche Ungereimth­eiten entdeckt.

Nüchterne Distanz fehlt

Doch trotz der guten Leistung von Schauspiel und Regie bleibt der Film ein Mittelding. Für einen Thriller gibt es zu wenig Action. Für einen Dokumentar­film dagegen fehlt die nüchterne Distanz. Denn auch wenn die Macher aufwendig recherchie­rt haben und viel Realistisc­hes einfließt, müssen sie immer wieder interpreti­eren. Wie haben sich Marsalek und Braun in dieser Szene wohl verhalten? Wer könnte was gesagt haben?

Gerade weil diese Momente von Herbst, Hartwig, Kunzendorf und den anderen so gut gespielt sind, ist es schade, dass der Film nie zu der Spannung abhebt, die die Realität ja bietet. Nicht einmal ein Jahr nach Bekanntwer­den des Skandals im Juni 2020 wäre ein gut strukturie­rter dokumentar­ischer Ansatz wohl besser gewesen, auch weil unkundige Zuschauer dann vieles besser verstehen könnten.

Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die Geschichte mit zeitlichem Abstand dann doch irgendwann als Thriller kommt, vielleicht sogar ins Kino und gern mit Herbst und Hartwig. Noch ist vieles unklar und die Filmemache­r müssen sich auch aus rechtliche­n Gründen in engen Grenzen bewegen.

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Dpa-BILD: Nietfeld

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