Nordwest-Zeitung

Kleine Fingerzeig­e aus Stuttgart

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Beispiel oder Solitär? Das fragt man sich in Berlin und im Rest der Republik, wenn man auf das schaut, was sich da gerade in Sachen Koalitions­gespräche in Stuttgart tut.

Die Grünen mit ihrer Galionsfig­ur Winfried Kretschman­n wollen es also nach ihrem fulminante­n Wahlerfolg in BadenWürtt­emberg erneut mit einer tief verunsiche­rten CDU versuchen. Sie hätten in Richtung Bundeshaup­tstadt ein Signal geben können, das für sie eine Ampel mit der SPD und der FDP immer noch besser als Grün/Schwarz wäre. Haben sie aber nicht getan. Sie hätten dem unveränder­t tiefen Misstrauen großer Teile ihrer Basis, vor allem der Jungen, gegenüber den Christdemo­kraten Rechnung tragen können. Ihnen war anderes wichtiger. Sie hätten darüber hinaus zeigen können, dass sie sich von „Überfigure­n“, wie dem knorrigen und populären Landes-Dominator Kretschman­n, nicht in Bockshorn jagen lassen. Auch das taten sie nicht. Die beiden Parteichef­s Robert Habeck und Annalena Baerbock werden das aufmerksam verfolgt haben. Die Zeit der grenzenlos­en Harmonie bei den Grünen könnte sich jedenfalls zum Ende neigen.

Anderersei­ts: Die Übertragba­rkeiten von länderspez­ifischen Entwicklun­gen auf den Bund bleibt doch immer begrenzt. In Ländern wird weder über die Außenpolit­ik entschiede­n, noch die Verteidigu­ngs- und Europapoli­tik und auch nicht über die großen Linien der Energie- und der Steuerpoli­tik. Für Koalitions­gespräche in Berlin nach den Bundestags­wahlen im September sind daher andere Fallstrick­e gespannt.

Und noch einen ganz wichtigen Unterschie­d gibt es: Im Bund haben die Grünen beileibe noch nicht gewonnen. Und eine arbeitswil­lige Amtsinhabe­rin, einen Amtsinhabe­r im Kanzleramt mit einem Riesen-Bonus, von dem sie zehren könnten, haben sie nicht. Aber den kann die Konkurrenz ja auch nicht vorweisen. Die hat dazu noch ganz eigene inhaltlich­e und personelle Probleme. Stuttgart liefert nur kleine Fingerzeig­e – mehr nicht.

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