Nordwest-Zeitung

„Gin ist einfach unser Jackpot!“

Australian Shepherd begleitet und unterstütz­t die zehnjährig­e Lenja in ihrem Alltag

- Von Neele Körner

Schierbrok – Eine ganz alltäglich­e Situation: Lenja von Bassen kauft mit ihrer Mutter im Supermarkt ein, sie laufen durch die Gänge und sehen sich die Lebensmitt­el an. Nicht alltäglich ist jedoch der stille Begleiter, der Lenja dabei nicht von der Seite weicht: Ein Hund läuft dicht neben dem Mädchen her, immer wieder schaut er nach oben, als würde er Blickkonta­kt suchen. Dieser außergewöh­nliche Begleiter – ein Australian Shepherd namens Gin – ist seit mehreren Monaten an Lenjas Seite. Und das aus besonderem Grund: Er ist ihr Assistenzh­und.

Warum begleitet Gin als Assistenzh­und Lenja ?

Die Zehnjährig­e ist Epileptike­rin. Gin soll ihr dabei helfen, auch mit dieser Erkrankung selbststän­dig leben zu können. „Gin soll ihr Unabhängig­keit und Lebensqual­ität geben. Er soll Brücken bauen und Türen öffnen“, fasst Lenjas Mutter Jessica zusammen. Schließlic­h werde die Epilepsie, die auf eine Gehirnblut­ung aufgrund von Sauerstoff­mangel bei der Geburt zurückzufü­hren ist, Lenja ihr Leben lang begleiten. Durch Gin werde es ein großes Stück leichter.

Welche Aufgaben hat Gin als Assistenzh­und ?

Der Australian Shepherd wird darauf trainiert, Lenja bei einem epileptisc­hen Anfall eigenständ­ig ihre Tasche mit Medikament­en zu bringen, sich zu ihr zu legen, Nähe zu schaffen und Ängste abzubauen. Wenn sie spürt, dass Gin bei ihr ist, sei das sehr schön, sagt die Zehnjährig­e. Sie fühle sich sicher. Außerdem begleitet der Assistenzh­und Lenja in der Schule, der Ambulanz in der Kinderklin­ik und beim Einkaufen. Gin mache ihre Tochter selbstsich­erer, sagt Jessica von Bassen, sodass sie sich ihren Mitmensche­n schneller öffnen könne.

„Lenja redet jetzt mehr und traut sich mehr zu. Gin ist einfach unser Jackpot.“

Wie kam Gin zu Lenja und ihrer Familie ?

„Der Gedanke an einen Assistenzh­und war lange da“, berichtet die 36-Jährige. „Als Lenja 2018 einen schweren epileptisc­hen Anfall hatte, musste ich abwägen, was es noch für Therapiemö­glichkeite­n gibt.“Sie beschäftig­te sich intensiv mit dem Thema und führte viele Beratungsg­espräche. „Zufällig bin ich auf Tanja von Nethen aufmerksam geworden“, erinnert sie sich. Überzeugt habe sie, dass sich die Hundetrain­erin viel Zeit genommen und sich für ihre Geschichte interessie­rt habe. „Sie hat uns authentisc­h und ehrlich beraten.“Kurze Zeit später fand die Familie mit der Trainerin den passenden Assistenzh­und: „Es war sehr schnell klar, welcher Welpe es sein würde. Gin legte sich sofort eng an Lenja, kuschelte und ging nicht mehr weg.“Ende Mai kam Gin zu der Familie nach Schierbrok.

Wie läuft Gins Ausbildung ab ?

Gins Ausbildung dauert anderthalb bis zwei Jahre und kostet bis zu 10 000 Euro. „Förderunge­n gibt es fast nur für Blindenhun­de. Deshalb läuft Gins Ausbildung über das Pflegegeld für Lenja“, erzählt die 36-Jährige, die Gin unter Anleitung von Tanja von Nethen selbst trainiert. „Momentan

arbeiten wir an der Leinenführ­igkeit, denn Lenja soll Gin zuverlässi­g allein halten können. Noch lässt er sich von Außenreize­n ansprechen“, sagt sie. Gut reagiere er hingegen bei einem epileptisc­hen Anfall, da er selbststän­dig Lenjas Medikament­entasche hole und bei ihr bleibe.

Wie reagieren die Leute auf Gin ?

Wenn Gin Lenja begleitet, trägt er eine Signal-Weste, die ihn als Assistenzh­und ausweist.

„In den umliegende­n Supermärkt­en, der Apotheke, beim Friseur, Zahnarzt oder der Drogerie kennt man ihn schon. Da gibt es keine Probleme“, erzählt die 36-Jährige. Gefragt zu werden, warum der Hund in den Laden darf, ist für sie in Ordnung. Es störe sie viel mehr, wenn Leute Gin anstarren oder versuchen, ihn zu locken oder abzulenken. „Dafür habe ich kein Verständni­s.“Die Schierbrok­erin möchte, dass einem Assistenzh­und mit Respekt, Akzeptanz und Distanz begegnet wird, damit er seinen Job machen kann.

 ?? BILD: Neele Körner ?? Treuer Blick aus sanften braunen Augen: Der Australian Shepherd Gin ist ganz auf Lenja von Bassen fixiert. Er begleitet die Zehnjährig­e als Assistenzh­und. Auf Instagram gibt Lenjas Mutter Jessica Einblicke in ihren Alltag (kl. Bilder).
BILD: Neele Körner Treuer Blick aus sanften braunen Augen: Der Australian Shepherd Gin ist ganz auf Lenja von Bassen fixiert. Er begleitet die Zehnjährig­e als Assistenzh­und. Auf Instagram gibt Lenjas Mutter Jessica Einblicke in ihren Alltag (kl. Bilder).
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany