Die wachsende Lust aufs Lastenrad
Neben lokalen Leih-Initiativen drängen verstärkt Start-ups und Kommunen auf den Markt
Die DZ Bank empfiehlt Aktien von BMW zum Kauf. Im weiteren Jahresverlauf sollte der Autobauer von der Positionierung bei E-Mobilität und der Fokussierung aufs Premium-Segment profitieren, so Analyst Michael Punzet.
Berlin/Oldenburg/Jever/Aurich – Lotte, Kalle, Lieschen oder Gandhi: Wer in Berlin kostenlos ein Lastenrad ausleihen will, hat die Qual der Wahl. Rund 150 Fahrräder mit Transportfläche und lustigen Namen bietet der ADFC Berlin über die freie Lastenrad-Initiative „fLotte“in der Hauptstadt an. Nutzer müssen sich zunächst registrieren und können dann online schauen, an welchem Tag in ihrer Nähe ein Lastenrad zur Verfügung steht. Allerdings muss man schon mal zwei Wochen warten. Die Nachfrage ist groß. Lastenräder boomen, nicht nur in Berlin.
■ Freie Lastenräder
„Die Bewegung wächst weiter, es werden mehr Initiativen, ständig kommen neue dazu“, sagt Arne Behrensen, Geschäftsführer von cargobike.jetzt, einer Agentur zur Förderung von Lastenrädern. Über 120 Initiativen haben sich bereits zusammengeschlossen im „Forum freie Lastenräder“und es gibt sie inzwischen in vielen Städten – von der Graswurzel-Initiative mit einem Rad für den Kiez bis hin zu größeren und professionell organisierten Flotten wie in Berlin. Im Nordwesten gehören u.a. „Auriculum“(Aurich), „Dein Deichrad“(Wilhelmshaven/Jever), „OstfriesenFiets“(Leer) und „Rädchen für alle(s)“(Oldenburg) dazu.
„Was eint, sind die gemeinsamen Tools, das gemeinsame Treffen, die Austauschplattformen“, sagt Behrensen. Es gibt ein kostenloses Open-SourceBuchungsprogramm, das die Initiativen unkompliziert auf ihren Internet-Seiten integrieren können. Rund um das Thema ist eine Gemeinschaft entstanden, die die Räder populär gemacht hat – als Alternative zum eigenen Auto in kurz vor dem Verkehrskollaps stehenden Städten und Gemeinden.
■ Kommerzielle Verleihe
Doch die Szene ist im Umbruch: Aus Sicht mancher Experten stoßen die Initiativen angesichts der rasanten Nachfrage allmählich an Grenzen. Kommerzielle Anbieter stehen bereit, um das Thema Lastenrad auf das nächste Level zu heben – mit festen Stationen und minutengenauer Ausleihe per App zu jeder Tageszeit.
„Mobilität ist nicht an Öffnungszeiten gebunden“, sagt etwa Tobias Lochen, Gründer des Darmstädter LastenradStart-ups Sigo, das Transportrad-Verleihsysteme in derzeit elf Städten betreibt. „Das ist der Unterschied zu den kostenfreien Initiativen. Wir sind 24 Stunden, 7 Tage die Woche per App verfügbar.“Erst 2020 hat Sigo losgelegt, bietet aktuell 50 elektrische Fahrzeuge an, die an festen Stationen abgeholt und abgegeben werden können. Noch in 2021 will man in weitere Städte expandieren.
■ Kommunen
Neben kommerziellen Anbietern könnten es vor allem die Kommunen sein, die Bewegung in den Markt bringen. „Gerade jetzt mit Corona ist dieser Boom so groß, dass das für viele Kommunen ein Teil der Daseinsvorsorge werden kann – in ländlichen Regionen, aber auch in Städten“, sagt Anita Benassi von der „Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen“(TINK). Gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium berät das Unternehmen Kommunen, die ein solches Angebot auf die Beine stellen wollen. Auf den Betrieb bewerben würden sich vor allem lokale Anbieter wie Fahrradhändler, aber auch größere Player wie Nextbike.
Stellt der eigene Erfolg also plötzlich die Zukunft der freien Lastenräder infrage? „Ich sehe da keine Konkurrenz“, sagt Benassi. „Es ergibt durchaus Sinn, verschiedene Systeme nebeneinander stehen zu haben.“Lotte, Kalle, Lieschen und Gandhi würden das wohl befürworten.