Nordwest-Zeitung

Universitä­tsmedizin muss bittere Pille schlucken

Zahl der Erstsemest­er kann nicht wie angekündig­t zum Winterseme­ster steigen – Land bleibt hinter Zusage zurück

- Von Christoph Kiefer Und Stefan Idel

Oldenburg/Hannover – Der Mangel an Ärzten verschärft sich in den nächsten Jahren drastisch: Eine Studie der Kassenärzt­lichen (KVN) im vergangene­n Jahr hatte ergeben, dass die Zahl der Hausärzte in Niedersach­sen von aktuell 5044 auf rund 3750 bis zum Jahr 2035 sinkt. „Jede Ausbaumaßn­ahme, insbesonde­re die European Medical School in Oldenburg, ist enorm wichtig, um die Lücke zu schließen“, hatte KVN-Sprecher Detlef Haffke dieser Zeitung gesagt.

Die Landesregi­erung hatte im Koalitions­vertrag 2017 vereinbart, die Zahl der MedizinStu­dienplätze in der Legislatur­periode bis 2022 schrittwei­se auszubauen. Der Großteil der 200 zusätzlich­en Plätze solle in Oldenburg entstehen.

Im Juni 2020 stellte das Wissenscha­ftsministe­rium in einer Stellungna­hme zum Bericht des Wissenscha­ftsrates in Aussicht, die Erstsemest­erzahl in Oldenburg „um 40 Studierend­e zum Winterseme­ster 2021/22 und um weitere 80 Studierend­e zum WS 2024/25 auf final 200 Studierend­e“auszubauen.

Schon Ende 2018 hatte Wissenscha­ftsministe­r Björn Thümler (CDU) in einer Pressemitt­eilung angekündig­t, es sei geplant, zu den bestehende­n 80 „Schritt für Schritt 140 zusätzlich­e Studienanf­ängerplätz­e (zu) schaffen“.

■ Doppelhaus­halt

Daraus wird nun nichts. „Das Geld wurde nicht in den Landeshaus­halt für das laufende Jahr aufgenomme­n“, sagte eine Sprecherin. „Der Zug ist abgefahren.“Alle Anstrengun­gen der Universitä­t richteten

sich nun darauf, Mittel für den Aufwuchs in den Doppelhaus­halt des Landes für die Jahre 2022/23 aufzunehme­n. Die Weichen für „diesem Sommer“sind gestellt.

„Dabei haben wir sehr viele Unterstütz­er“, sagte die Sprecherin und verwies unter anderem auf den Niedersäch­sischen Städte- und Gemeindebu­nd, den Arbeitgebe­rverband Oldenburg, die IHK Oldenburg, die IHK Ostfriesla­nd und Papenburg, die Arbeitsgem­einschaft der Landkreise und kreisfreie­n Städte in Weser-Ems und den Landesverb­and Oldenburg des Deutschen Roten Kreuzes.

Der Verein der Freunde und Förderer der Universitä­tsmedizin Nordwest verweist auf die wiederholt­en Zusagen der Landesregi­erung, den Medizinsta­ndort Oldenburg auszubauen. „Studienplä­tze in Oldenburg

sind günstiger als an allen anderen Studiensta­ndorten in Niedersach­sen“, sagte der Vorsitzend­e Dr. Gerd Pommer. „Ich verstehe nicht, warum das Land nicht einen vergleichb­ar kleinen Betrag in die Hand nimmt, um den Aufwuchs zu ermögliche­n.“

■ Landesrech­nungshof Der Wissenscha­ftsrat hatte der 2012 angelaufen­en European Medical School 2019 ein gutes Zeugnis ausgestell­t. Es gebe allerdings „finanziell­e und konzeption­elle Schwachste­llen“, hießt es. Der Landesrech­nungshof hatte mit Hinweis

auf diese Kritik die geplante Aufstockun­g im vergangene­n Herbst kritisiert. Bei 200 Erstsemest­erplätzen würde „die Aufnahmeka­pazität innerhalb von nur sechs Jahren verfünffac­ht“. Dafür sei das Oldenburge­r Konzept „derzeit nicht tragfähig“.

■ Das sagt der OB

Oldenburgs Oberbürger­meister Jürgen Krogmann (SPD) nannte die Stagnation bei der Erstsemest­erplätzen zum nächsten Winterseme­ster „bedauerlic­h“. Sie zeige, dass die „Region den hohen Druck auf die Landesregi­erung wie bisher aufrechter­halten“müsse. „Wir müssen in Hannover gemeinsam darauf dringen, dass die Zusagen zum Ausbau der European Medical School eingehalte­n werden – und zwar zeitnah“, sagte Krogmann.

 ?? BILD: Torsten von Reeken ?? Überschaub­are Gruppe: Die Universitä­t Oldenburg bildet seit 2012 Ärztinnen und Ärzte aus. Die Zahl der Studienanf­ängerinnen und -anfänger liegt derzeit bei 80 pro Winterseme­ster. Unser Archivbild entstand vor der Pandemie.
BILD: Torsten von Reeken Überschaub­are Gruppe: Die Universitä­t Oldenburg bildet seit 2012 Ärztinnen und Ärzte aus. Die Zahl der Studienanf­ängerinnen und -anfänger liegt derzeit bei 80 pro Winterseme­ster. Unser Archivbild entstand vor der Pandemie.

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