Zur Person
Sieht eine Hauptgefahr bei den Reisen ins Ausland: HBF-Vorstandsvorsitzender Andreas Thiel
die Sorge, dass das Glück, das wir bis hierher auch hatten, sich so langsam aufbraucht.
Worin ist Ihre Skepsis begründet?
Thiel: Die Hauptauslöser für einen positiven Corona-Fall sind die internationalen Spiele. So lange wir uns alle in der örtlichen Blase bewegen, lassen sich Infektionen relativ gut vermeiden. Sobald allerdings gereist wird, droht Gefahr. Die Spielerinnen kommen zwar PCR-getestet zurück, haben sich mitunter aber schon mit einer Mutante infiziert, die dann hier vor Ort beim nächsten Test aber erst angezeigt wird. Sie sehen, es bleibt für alle herausfordernd. Denn das hat uns die Pandemie gelehrt: A können wir nicht alles regeln, B können wir uns nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten und C bleibt die Lage mit den sich rasant
verbreitenden Mutanten angespannt.
So angespannt, dass Sie fürchten müssen, den Ligabetrieb noch einstellen zu müssen? Thiel: Noch bin ich guter Hoffnung, die Saison mehr oder weniger geräuschlos zu Ende spielen zu können. Nach dem heutigen Stand bin ich sogar zuversichtlich, den Spielbetrieb 2020/2021 komplett abbilden zu können. Gegebenenfalls mit Spielen im Juni. Wir werden einen Meister küren und Absteiger ermitteln. Kein Sportverband der Welt hatte in seinen Durchführungsbestimmungen berücksichtigt, wie im Fall einer Pandemie vorzugehen ist. Vor dem Saisonstart hatten wir diesbezüglich gehandelt.
Konkret?
Thiel: Das heißt, dass die Hälfte aller Spiele absolviert sein
Andreas Thiel (61) An diesem Wochenende
gibt es keine Bundesligaspiele. Die Nationalmannschaft bestreitet an diesem Samstag in Luso und am kommenden Dienstag in Hamm die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele gegen Portugal.
muss, um im Extremfall – sprich bei einem neuerlichen Saison-Abbruch – einen Meister nach der Quotientenregelung zu ermitteln. Und da alle Teams mindestens 20 von 30 Partien gespielt haben, wird der Titel vergeben. Leidtragender war im Vorjahr bekanntlich Borussia Dortmund. Das Thema schlug hohe Wellen, wird uns in diesem Jahr aber nicht einholen.
Machen Sie sich Sorgen, dass ein Club die Pandemie wirtschaftlich nicht überlebt? Thiel: Zu Beginn der Pandemie haben alle gesagt, die Clubs würden drei bis maximal fünf Spiele ohne Zuschauer verkraften. Heute sind Geisterspiele zur Normalität geworden. Natürlich ist das bitter und tut den Clubs auch weh, aber es gibt aktuell keinerlei Anzeichen, dass ein Verein von der Ligakarte verschwindet. An dieser Stelle haben uns die Staatshilfen sehr geholfen. Mit Kostenreduzierungen, den Sponsoren und wie gesagt mit einem außergewöhnlichen Engagement stemmen sich alle Beteiligten bislang erfolgreich gegen die Tücken der Pandemie.