Nordwest-Zeitung

Polen ist ein Risiko

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Der Vorgang ist und bleibt beispiello­s. Dass die Regierung eines EU-Mitgliedsl­andes die Gutachten und Urteile des höchsten Gerichtes der Gemeinscha­ft ignoriert, darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Der polnische Justizmini­ster, der zwar nicht der großen polnischen Regierungs­partei angehört, sich aber in dieser Frage mit der PiS auf einer Linie bewegt, riskiert das wohl wichtigste Instrument der Gemeinscha­ft, um die schweren Rückschläg­e durch die Coronaviru­s-Krise zu verkraften.

Das schadet nicht nur Polen, sondern allen. Zbigniew Ziobro fürchtet den Rechtsstaa­tsmechanis­mus, den sich die Mitgliedst­aaten mit dem neuen Fonds und dem Haushalt gegeben haben. Es ist entlarvend, dass der Politiker eines der wichtigste­n EU-Staaten eine demokratis­che Reifeprüfu­ng verhindern will.

Als die Gemeinscha­ft die Rechtsstaa­tlichkeit zum Kriterium für die Vergabe von Geldern eingeführt hat, gab es berechtigt­e Kritik an der Wirkungslo­sigkeit des Instrument­es, das nur für wenige Fälle anwendbar sein soll. Nun zeigt sich, dass die Prüfung durchaus ihre Wirkung haben kann. Und sei es nur vorbeugend.

Die Kommission sollte nach der Leidensges­chichte mit Polen, Ungarn und anderen deshalb nicht zögern, von dem neuen Instrument Gebrauch zu machen, sobald es zur Verfügung steht.

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