Nordwest-Zeitung

Der Boom steht vor der Tür

- @ Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de Anja Kohl über den Boom nach der Seuche

Deutschlan­d steht vor einer weiteren harten Shutdown-Runde. Die Pandemie-Paralyse wirft Europa im Wettbewerb der Systeme zurück. Denn China ist als Pandemiebe­sieger zu neuer Größe erstarkt.

Politisch noch autoritäre­r, wirtschaft­lich noch effiziente­r wuchs die chinesisch­e Wirtschaft im ersten Quartal um 18 Prozent, das höchste Wachstum seit 30 Jahren. In den USA bricht derweil ein neuer Konsumraus­ch aus, weil die Amerikaner die Schecks der Biden-Regierung umgehend zum Einkauf in der Shoppingma­ll nutzen. Zugleich sind Bidens Milliarden­Infrastruk­turpläne der Vorbote für einen Neuaufstie­g der US-Industrie.

Trotz der relativen Schwäche Europas wird Deutschlan­d als Exportland davon profitiere­n. Unser Land steht vor einem Post-Corona-Boom, da deutsche Exportware­n in den USA und in China gefragt sind. Die Meldung von einem Rekordgewi­nn des Autobauers Daimler zu Jahresbegi­nn klingt dabei wie der Auftaktakk­ord für einen neuen Superzyklu­s der deutschen Autobranch­e.

Einen neuen Dekaden-Aufschwung aber wird es nicht zum Nulltarif geben. Der politische Preis dafür sind höhere Staatsschu­lden und wohl auch höhere Steuern für Unternehme­n und Bürger, wie es die USA bereits vorexerzie­ren.

Anders als die USA und China unterliegt die deutsche Politik in weiten Teilen der Fehlannahm­e, dass unsere Wirtschaft es auch in dieser Dekade allein richten kann. Richtig ist, die Firmen haben ihre Kostenstru­kturen durchforst­et, Schalter umgelegt, ihr Erneuerung­stempo erhöht.

Die Politik aber muss endlich die Rahmenbedi­ngungen in unserem Land verbessern. Wie die Autoindust­rie muss sie die verkrustet­en Strukturen auflösen und in die Zukunft investiere­n. Doch nicht als Verwalter von Bürokratie­apparaten und als Retter alter Geschäftsm­odelle, sondern als unternehme­rischer Gestalter.

Auch Deutschlan­d braucht ein langfristi­ges Konjunktur­programm, das endlich in die Schlüsself­aktoren unseres zukünftige­n Wohlstande­s investiert, zuallerers­t in die Bildung. Schulen und Universitä­ten müssen in den kommenden Jahren schnell und konsequent digitalisi­ert, Fachkräfte ausgebilde­t werden, die auch tatsächlic­h gebraucht werden.

Die nächste Regierung muss konsequent Zukunftsfe­lder definieren und diese stärken. Neben Ladestatio­nen und Batterien, damit sich die Elektromob­ilität schnell durchsetzt, gehört dazu auch die Weltmarktf­ührerschaf­t bei Impfstoffe­n gegen künftige Pandemiewe­llen, da die Versorgung­ssicherhei­t mit Impfstoffe­n zum Wettbewerb­sfaktor wird.

Deutschlan­d hat dafür alle Schlüssel in der Hand: die Technologi­en, die Firmen, das Geld. Die Politik aber muss dies erkennen und sie muss es auch wollen.

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