Nordwest-Zeitung

Klare Ansage dank neuem Selbstvert­rauen

Annalena Baerbock soll die Grünen zum Sieg bei der Bundestags­wahl führen

- Von Martina Herzog Und Michael Fischer

Berlin – Wer die beiden Grünen-Parteichef­s ankommen sah, konnte die Entscheidu­ng schon erahnen. Annalena Baerbock fuhr beim Berliner Veranstalt­ungszentru­m Malzfabrik am Montag im abgedunkel­ten Bulli mit Polizeiesk­orte und Leibwächte­r vor. Robert Habeck kam allein, zu Fuß und mit Kapuzenpul­li. Wenig später war es offiziell: Die 40-jährige Baerbock führt ihre Partei als erste grüne Kanzlerkan­didatin in den Bundestags­wahlkampf – die Zustimmung des

Bundespart­eitags Mitte Juni kann man voraussetz­en. Die Vorstellun­g übernahm der Mann, der selbst gern an ihrer Stelle gestanden hätte. Habeck räumte ein, er hätte es auch gewollt, aber am Ende könne es nur eine machen: „Wir haben in vertrauten, intensiven, offenen, manchmal schwierige­n Gesprächen miteinande­r um die beste Lösung gerungen.“Baerbock sagte: „Das ist emotional für beide gewesen.“

Neuer Politiksti­l

Der Gegensatz zur Union, der die Grünen das Kanzleramt abjagen wollen, könnte kaum größer sein. Seit rund einer Woche streiten die beiden Leitwölfe Markus Söder (CSU) und Armin Laschet (CDU) um die Kandidatur für das höchste Regierungs­amt.

Die Grünen predigen einen neuen Politiksti­l. „Ich wollte immer, dass Macht so interpreti­ert wird, dass Führung so gelebt wird, dass man aneinander wächst und sich nicht gegenseiti­g die Beine wegtritt“, sagte Habeck. Baerbock lobt er als „kämpferisc­he, fokussiert­e, willenssta­rke Frau, die genau weiß, was sie will und die die grüne Programmat­ik

in diesem Wahlkampf mit Leidenscha­ft vertreten wird“. Er versprach: „Ich selbst werde mich mit allem, was ich kann, mit voller Kraft, in diesen Wahlkampf werfen.“Die Tatsache, dass sie eine Frau ist, habe eine Rolle gespielt, sagte Baerbock, aber: „Viele, viele andere Fragen haben auch eine Rolle gespielt.“

Dabei waren grüne Doppelspit­zen in der Vergangenh­eit wahrlich kein Harmoniega­rant: Noch die Vorgänger der aktuellen Führung, Cem Özdemir und Simone Peter, lagen häufig über Kreuz, immer wieder gab es Kompetenzg­erangel. Baerbock und Habeck half auch, dass sie nicht als Vertreter der Flügel von Realos und Linken ins Amt kamen. Und schließlic­h dürften die Umfragewer­te von rund 20 Prozent ein Übriges tun, um die Reihen zu schließen.

Kaum Erfahrung

Anders als Habeck, der in Schleswig-Holstein mehrere Jahre Umweltmini­ster und Vize-Ministerpr­äsident war, war Baerbock noch nie Ministerin. Sie versucht erst gar nicht, das Manko wegzureden. „Wenn jetzt Regierungs­erfahrung das einzige Kriterium wäre, dann könnten wir einfach auch mit der Großen Koalition weitermach­en“, erklärte sie – jetzt sei die Zeit für einen Neuanfang. „Und dafür bringe ich Entschloss­enheit, Durchsetzu­ngskraft und einen klaren Kompass und Lernfähigk­eit mit. Ich glaube all das, was es für ein solches Amt braucht.“

Überhaupt trat Baerbock selbstbewu­sst auf. Die Frage nach Partnern in einer Regierung mit grüner Beteiligun­g ließ sie offen, unterstric­h aber den Führungsan­spruch ihrer Partei: „Wir treten an, um dieses Land an führender Stelle in die Zukunft zu führen, und zwar inhaltlich und personell.“

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Imago-BILD: Spiegl Angekommen am nächsten Etappenzie­l: Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock soll die Grünen zum Wahlsieg führen.

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