Mutter und Fußball-Fan: So tickt Annalena Baerbock
Sie sei eher anpackend, beschreibt die frühere Leistungssportlerin sich selbst. Das Träumen liege weniger in ihrem Naturell. Ob Annalena Baerbock wirklich Chancen hat, die nächste Kanzlerin zu werden, hängt allerdings nicht nur von ihr ab. Vielmehr spielen viele Unwägbarkeiten eine Rolle, nicht zuletzt die CoronaEntwicklung und der Fortgang der innerparteilichen Wirrungen in den Unionsparteien, also beim Marktführer.
Aus Niedersachsen
Aufgewachsen ist die Mutter zweier kleiner Töchter auf einem Bauernhof in Schulenburg
(Pattensen) nahe Hannover. Baerbock spielte als Jugendliche Fußball, betrieb Trampolinspringen als Leistungssport und arbeitete als Freie Mitarbeiterin für eine hannoversche Tageszeitung. Ihre Eltern protestierten gegen ein Atom-Endlager in Gorleben. Frisch, lebendig, kenntnisreich und selbstbewusst hat die 40-Jährige es geschafft, sich in der öffentlichen Debatte einen guten Namen zu machen.
Inzwischen gilt sie selbst in der Wirtschaft als gesuchte und respektierte Gesprächspartnerin. Dass es meist Baerbock ist, die bei Events der Spitzenverbände aus der Unternehmenswelt die Politik der Grünen vertritt und erläutert, ist kein Zufall. Sie gilt als faktensicherer, konkreter als Habeck. Das gilt auch auf dem Felde der Außenpolitik.
Als die fußballbegeisterte Baerbock sich 2018 entschloss, neben dem „Star“Robert Habeck Co-Vorsitzende der Grünen zu werden, überraschte das noch etliche arrivierte Grüne. Die Annalena, nein, die hatte er nicht auf dem Tableau, gestand der Superstar früherer Zeiten, Joschka Fischer. Dabei hat die streitbare Politikerin schon ein paar Jahre im Bundestag hinter sich. 2005 trat sie bei den Grünen ein, vier Jahre später rückte sie an die Spitze des Landesverbandes in Brandenburg. 2013 zog sie in den Bundestag ein.
Die studierte Völkerrechtlerin lebt mit ihrer Familie in Potsdam. Mangelnde Weltläufigkeit kann ihr niemand vorwerfen. Sie verbrachte Zeit in den USA, studiert neben Hamburg
in London an der London School of Economics, arbeitete in Straßburg und Brüssel.
Überzeugte Europäerin
Baerbock gilt als mutig, als ganz überzeugte Europäerin – vor allem aber als eine Frau, die das tägliche Leben kennt. In der Corona-Pandemie punktete sie damit, dass sie nicht nur abstrakt über die Folgen von Schul-Schließungen und Chaos sprach, sondern ganz konkret als Mutter, aus Erfahrung. Auch, wenn es um die Stärkung des ländlichen Raums geht, bleibt sie nicht allgemein. „Ich weiß, wie es ist, wenn nur einmal am Tag der Bus in die Stadt fährt. Dann fühlt man sich nicht nur abgehängt, man ist es.“