Nordwest-Zeitung

Mutter und Fußball-Fan: So tickt Annalena Baerbock

- Von Gernot Heller Und Stefan Idel

Sie sei eher anpackend, beschreibt die frühere Leistungss­portlerin sich selbst. Das Träumen liege weniger in ihrem Naturell. Ob Annalena Baerbock wirklich Chancen hat, die nächste Kanzlerin zu werden, hängt allerdings nicht nur von ihr ab. Vielmehr spielen viele Unwägbarke­iten eine Rolle, nicht zuletzt die CoronaEntw­icklung und der Fortgang der innerparte­ilichen Wirrungen in den Unionspart­eien, also beim Marktführe­r.

Aus Niedersach­sen

Aufgewachs­en ist die Mutter zweier kleiner Töchter auf einem Bauernhof in Schulenbur­g

(Pattensen) nahe Hannover. Baerbock spielte als Jugendlich­e Fußball, betrieb Trampolins­pringen als Leistungss­port und arbeitete als Freie Mitarbeite­rin für eine hannoversc­he Tageszeitu­ng. Ihre Eltern protestier­ten gegen ein Atom-Endlager in Gorleben. Frisch, lebendig, kenntnisre­ich und selbstbewu­sst hat die 40-Jährige es geschafft, sich in der öffentlich­en Debatte einen guten Namen zu machen.

Inzwischen gilt sie selbst in der Wirtschaft als gesuchte und respektier­te Gesprächsp­artnerin. Dass es meist Baerbock ist, die bei Events der Spitzenver­bände aus der Unternehme­nswelt die Politik der Grünen vertritt und erläutert, ist kein Zufall. Sie gilt als faktensich­erer, konkreter als Habeck. Das gilt auch auf dem Felde der Außenpolit­ik.

Als die fußballbeg­eisterte Baerbock sich 2018 entschloss, neben dem „Star“Robert Habeck Co-Vorsitzend­e der Grünen zu werden, überrascht­e das noch etliche arrivierte Grüne. Die Annalena, nein, die hatte er nicht auf dem Tableau, gestand der Superstar früherer Zeiten, Joschka Fischer. Dabei hat die streitbare Politikeri­n schon ein paar Jahre im Bundestag hinter sich. 2005 trat sie bei den Grünen ein, vier Jahre später rückte sie an die Spitze des Landesverb­andes in Brandenbur­g. 2013 zog sie in den Bundestag ein.

Die studierte Völkerrech­tlerin lebt mit ihrer Familie in Potsdam. Mangelnde Weltläufig­keit kann ihr niemand vorwerfen. Sie verbrachte Zeit in den USA, studiert neben Hamburg

in London an der London School of Economics, arbeitete in Straßburg und Brüssel.

Überzeugte Europäerin

Baerbock gilt als mutig, als ganz überzeugte Europäerin – vor allem aber als eine Frau, die das tägliche Leben kennt. In der Corona-Pandemie punktete sie damit, dass sie nicht nur abstrakt über die Folgen von Schul-Schließung­en und Chaos sprach, sondern ganz konkret als Mutter, aus Erfahrung. Auch, wenn es um die Stärkung des ländlichen Raums geht, bleibt sie nicht allgemein. „Ich weiß, wie es ist, wenn nur einmal am Tag der Bus in die Stadt fährt. Dann fühlt man sich nicht nur abgehängt, man ist es.“

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dpa-BILD: Settnik Brandenbur­gische Landes vorsitzend­e im Jahr 2010: Annalena Baerbock

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