Der letzte Bohemien: Markus Lüpertz wird 80
Er gilt als einer der wichtigsten lebenden Künstler – und polarisiert wie kaum ein anderer
Düsseldorf – Samt-Sakko, Einstecktuch, Krawatte, Stock mit Silberknauf – eine gewisse Eleganz muss sein. Auch in Corona-Zeiten. „Ich bin der letzte Bohemien“, sagt Markus Lüpertz. Und meint damit weniger seine Herkunft. Zur Bohème gehört nun mal ausgestelltes Anderssein.
Am 25. April wird der 1941 in Böhmen geborene Maler, Bildhauer und langjährige Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie 80 Jahre. Na und? Lüpertz, einer der bekanntesten deutschen Gegenwartskünstler, macht weiter wie bisher: „Ich lebe in einer gewissen Verantwortungslosigkeit für Leib und Leben.“
Was nicht Nichtstun heißt. Lüpertz pendelt zwischen seinen Ateliers in Berlin, Düsseldorf, Karlsruhe und der Toskana. Er hat Ausstellungsprojekte in Moskau, London und New York, arbeitet an einer großen Bilderserie in Berlin und am „Genesis“-Projekt für die neue Karlsruher UBahn. Er entwirft Kirchenfenster und plant für Düsseldorf ein Denkmal des Komponisten Robert Schumann.
„Big Five“der Kunst
Lüpertz zählt neben Gerhard Richter, Sigmar Polke, Georg Baselitz und Anselm Kiefer zu den „Big Five“der deutschen zeitgenössischen Kunst. Bekannt wurde er seit den 1960er Jahren mit seiner kraftvollen, häufig als „neoexpressiv“bezeichneten Malerei, darunter monumentale Werke wie „Lüpolis“und „Westwall“.
In seinen Bildern verschwimmen die Grenzen von Abstraktion und Figuration. Seine Skulpturen stehen auf vielen öffentlichen Plätzen. So hat es die 2,50 Meter hohe „Philosophin“ins Kanzleramt geschafft, sein „Bundesadler“in den Bundesgerichtshof nach Karlsruhe.
„Mein Hauptjob bleibt immer das Malen“, betont Lüpertz. Doch Kunsthistoriker Götz Adriani sieht in ihm den „Allround-Künstler“. Denn Lüpertz schreibt auch Gedichte und geht – wenn Corona es zulässt – als Klavierspieler mit seiner Band auf Tour.
In langer Tradition
Er selbst sieht sich in einer langen Tradition: So war Renaissance-Künstler Michelangelo nicht nur Bildhauer und Maler. „Er hat auch mit Abstand die großartigste Poesie der Renaissance geschrieben“, sagt Lüpertz. Ein Genie eben. Das macht für ihn den Künstler aus.