Nordwest-Zeitung

Ein Unerwünsch­ter soll zum Werder-Retter werden

Warum Philipp Bargfrede in Bremen plötzlich im Abstiegska­mpf eine wichtige Rolle einnimmt

- Von Lars Blancke

Bremen – Vor einem Dreivierte­ljahr war Philipp Bargfrede nicht mehr erwünscht im Profikader von Werder Bremen. Es sei eine schwierige Entscheidu­ng gewesen, teilte der Fußball-Bundesligi­st an jenem 10. August 2020 mit, aber im Zuge der Verjüngung­skur nach dem Fast-Abstieg habe man beschlosse­n, dem damals 31-Jährigen nach 16 Jahren im grünweißen Trikot keinen neuen Vertrag anzubieten. Jetzt, bei der 1:4-Niederlage am Sonntag in Dortmund, stand Bargfrede auf einmal wieder im Kader – und soll dort auch bleiben.

Bei U 23 fit gehalten

Dass Bargfredes Rückkehr überhaupt möglich wurde, lag zuerst daran, dass er keinen neuen Profiverei­n fand. Er habe „noch richtig Lust auf Fußball“, sagte der Mittelfeld­kämpfer in jenem August. Aufgrund seiner unzähligen Verletzung­en und seines fortge„eine schrittene­n Fußballer-Alters fand sich jedoch kein Club, der für so ein Wagnis bereit war. Bargfrede blieb in Bremen, schloss sich im Herbst der Reserve an, die in der Regionalli­ga kickt. So hielt der inzwischen 32-Jährige sich permanent fit, auch wenn Pflichtspi­ele in der Nord-Liga aufgrund der Corona-Pandemie seit Monaten nicht mehr stattfinde­n.

„Offenes Gespräch“

Dass er nun in Dortmund völlig überrasche­nd im Profikader auftauchte, liegt zum einen am Ausfall von Ömer Toprak (Muskelfase­rriss), zum anderen an seiner Erfahrung im Abstiegska­mpf, in den Werder nach fünf Niederlage­n in Serie wieder hineingeru­tscht ist. „Wir hatten in dieser Woche ein sehr gutes und offenes Gespräch“, erzählte Kohfeldt nach der BVB-Pleite. Bargfrede, der aber nicht zum Einsatz kam, habe gesagt, „Flo, ich bin bereit und kann helfen, wenn du mich brauchst.“Es ginge darum, Werder „stabil in der Liga zu halten“, begründete Kohfeldt, und da müsse er sehen, „wer momentan zur Verfügung steht und die besten Möglichkei­ten bietet“.

Groß-Ersatz gesucht

Kohfeldt kündigte an, dass Bargfrede an diesem Mittwoch (20.30 Uhr) im Schlüssels­piel gegen Mainz 05 und am Samstag bei Union Berlin voraussich­tlich im Kader stehen werde. Dass der Rückkehrer gegen die Rheinhesse­n zum Einsatz kommt, erscheint vor einem weiteren Hintergrun­d möglich: In Christian Groß fehlt nach Toprak ein zweiter zentraler Spieler (Gelbsperre). Kohfeldt attestiert­e Bargfrede ordentlich­e körperlich­e Verfassung“. Dass er dem erfahrenen 205-Bundesliga­spiele-Mann die Rolle als Pendelspie­ler zwischen Fünferkett­e und defensivem Mittelfeld zutraut, machte er jetzt mit seiner Rückholakt­ion deutlich.

Kein gutes Werder-Bild

Ob Bargfrede eingesetzt wird oder nicht: Das Bild, das die Bremer mit ihrer Rolle rückwärts abgeben, ist kein gutes. Nachdem Werder ihm vor der Saison keinen neuen Vertrag angeboten hatte, ließ der Verein auf den letzten Drücker in Davy Klaassen (zu Ajax Amsterdam) einen weiteren wichtigen Mittelfeld­spieler ziehen. Der neuverpfli­chtete Patrick Erras spielt die gesamte Saison schon keine Rolle. Nun, wo es eng wird im Abstiegska­mpf, fehlt es plötzlich an zentralen Führungssp­ielern und der Club geht einen Schritt zurück – denn ein eigentlich Unerwünsch­ter soll Werders Retter werden.

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BILD: Imago Florian Kohfeldt (links) und Philipp Bargfrede
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