Überraschend albern – und das auf höchstem Niveau
ARD zeigt Mittwoch die sehenswerte Provinz-Posse „Heute stirbt hier Kainer“mit Martin Wuttke
Frankfurt – Ausgerechnet Oberöhde! In dem (fiktiven) Kaff landet der Endfünfziger Ulrich Kainer mit dem Plan, sich das Leben zu nehmen. Kurz zuvor hat er beim Arzt eine niederschmetternde Diagnose bekommen und sich, getrieben von Erinnerungen an die ländliche Kindheit, in die Provinz aufgemacht.
Unterhaltsame Posse
In Oberöhde bezieht Kainer (Martin Wuttke) Quartier bei der alleinerziehenden Marie (Britta Hammelstein), Nachname: Abel. Einen tieferen Sinn hat der Namenswitz über Kain und Abel nicht; wie so manches in dieser Provinz-Posse mit Western-Touch ist er vor allem eins: albern. Das allerdings auf höchstem und sehr
unterhaltsamem Niveau! „Heute stirbt hier Kainer“, den das Erste am Mittwoch, 21. April, ab 20.15 Uhr ausstrahlt, ist ein Film, wie es ihn selten gibt im deutschen
Fernsehen: überbordend vor Einfällen, Sex, Pistolen, jeder Menge schräger Typen und absurder Wendungen. Dazu das freche Spiel mit politischen Unkorrektheiten, das
Brechen von Klischees. Filme über Menschen – gern sind das Männer –, die durch das Leben, das ihnen dazwischenkommt, vom Sterben abgehalten werden, gibt es ja öfter. So hatte das Erste unlängst den Film „Ruhe! Hier stirbt Lothar“im Programm, der im Ansatz einen ähnlichen Plot erzählte. Oft geht es bei derlei Geschichten um eine zweite, in die Zukunft gerichtete Chance, die sich für die Hauptfigur auftut.
Oberöhde recht lebendig
Im Zentrum von „Heute stirbt hier Kainer“hingegen steht klar die ziemlich irre Gegenwart von Oberöhde. Das kleine Dorf erweist sich nämlich, konträr zu seinem Namen, als sehr lebendig. So gibt es hier den Wirt Cesare (Michele Cuciuffo), der mit Bratsche (Alexander Hörbe) und Graber (Martin Feifel) im Clinch liegt und den beiden mit großer Geste droht.
Aus dem schweigsamen Fremden im ballonseidenen 80er-Jahre-Trainingsanzug (den Kainer nur trägt, weil seine Kleider in der Wäsche sind) wird über ein tratschendes Rentner-Trio alsbald ein sizilianischer Mafioso. Cesare habe diesen, so das Gerücht, auf seine Widersacher angesetzt. Als Graber den vermeintlichen Mafia-Schergen zu sich nach Hause bittet, eskaliert die Situation auf tragisch-absurde Weise.
Das Einzige, das an diesem so oft verblüffenden Film so gar nicht überrascht: dass der Hessische Rundfunk dahintersteckt, der in Sachen Spielfilm experimentierfreudigste unter den ARD-Sendern. Bitte mehr davon!