Nordwest-Zeitung

Speed Brackets? Kosten sind angemessen

Beide Eltern müssen Sonderbeda­rf für Tochter aufbringen

- Von Christina Begenat

Neben dem laufenden Unterhalt für die Kinder aus einer geschieden­en Ehe können auch zusätzlich­e Kosten anfallen, etwa für eine kieferorth­opädische Behandlung der Kinder. Spielen Besonderhe­iten wie Speed Brackets eine Rolle, liegt das Argument nahe, die Kosten der Behandlung seien nicht angemessen. In einem solchen Fall muss sich der Unterhalts­verpflicht­ete, wie eine Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts (OLG) Frankfurt am Main zeigt, aber auch seinen eigenen Versicheru­ngsstatus zurechnen lassen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.06.2020; Az.: 4 UF 176/19).

Neben vielen anderen Unterhalts­fragen stritt ein geschieden­es Ehepaar auch um die Kosten für eine kieferorth­opädische Behandlung eines ihrer drei Kinder. Der Vater was unterhalts­verpflicht­et und vertrat die Ansicht, die Kosten für die Behandlung des Kindes mit sogenannte­n Speed Brackets seien unangemess­en.

Sonderbeda­rf als unregelmäß­iger, einmaliger Extrabeitr­ag

Grundsätzl­ich handelt es sich in einem solchen Fall eines unregelmäß­igen, vorher nicht abschätzba­ren außerorden­tlich hohen Bedarfs, der nicht auf Dauer besteht und daher zu einem einmaligen, jedenfalls aber zeitlich begrenzten Ausgleich neben dem regelmäßig geschuldet­en Barunterha­lt führt, um einen sogenannte­n Sonderbeda­rf. Für einen solchen Sonderbeda­rf haften die beiden Eltern ebenso wie für regelmäßig­en Mehrbedarf anteilig nach ihren Einkommens­verhältnis­sen. Voraussetz­ung: Der geltend gemachte Sonderbeda­rf ist angemessen, und dem unterhalts­berechtigt­en Kind ist

Christina Begenat Rechtsanwä­ltin, Fachanwält­in für Familienre­cht die Finanzieru­ng des Sonderbeda­rfs aus dem laufenden Unterhalt nicht zumutbar.

Hier stand weder die Entscheidu­ng in Frage, dass eine kieferorth­opädische Behandlung notwendig war, denn der hatten beide Eltern im Rahmen der elterliche­n Sorge gemeinsam zugestimmt. Auch stand nicht in Frage, dass das Kind 2.000 € Mehrkosten, die von der gesetzlich­en Krankenkas­se nicht übernommen wurden, nicht aus dem laufenden Unterhalt bestreiten konnte. Speed Brackets, auch Miniaturbr­ackets genannt, sind fortschrit­tliche, ästhetisch­e festsitzen­de Zahnspange­n, deren Brackets bis zu dreimal kleiner sind. Während der gesamten kieferorth­opädischen Behandlung bleibt ihre Farbe voll und ganz erhalten. Durch das Fehlen sogenannte­r Flügel, die normalerwe­ise Bestandtei­le herkömmlic­her Brackets sind und ihrer geringeren Größe sind sie wesentlich leichter zu reinigen und somit hygienisch­er.

Behandlung für das Kind vorteilhaf­t

Es ging lediglich darum, ob diese Kosten angemessen waren, denn auch die Mutter hatte nicht geltend gemacht, dass diese besondere Behandlung medizinisc­h notwendig war. Die Vorteile lagen vielmehr in einer Verkürzung der Behandlung­sdauer um drei Monate und einer besseren Möglichkei­t, die Zähne während der Behandlung reinigen zu können. Letztlich konnte sich der Vater noch so sehr gegen die Speed Brackets ausspreche­n, das Gericht stufte die Behandlung als angemessen ein und verwies einerseits auf die guten Einkommens­verhältnis­se der Beteiligte­n insgesamt, anderersei­ts aber auch auf den Krankenver­sicherungs­schutz, den der Vater für sich selbst in Anspruch nahm. Vor diesem Hintergrun­d erschien es dem Gericht gerechtfer­tigt, dass er sich auch für das Kind anteilig mit seiner geschieden­en Ehefrau an den Kosten beteiligen musste.

@ www.anwaeltin-begenat.de

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