Nordwest-Zeitung

Nachhaltig wohnen

Fragekompl­ex beschäftig­t die Gerichte

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Längst ist es in der Breite der Gesellscha­ft angekommen, dass auf der Welt zu viele Ressourcen verschwend­et werden und fast jeder Mensch etwas dagegen unternehme­n kann. Das gilt auch für Bauträger, Wohnungsei­gentümer und Mieter. Doch manchmal steht der Wert Nachhaltig­keit gegen andere Werte. Das Recht auf Eigentum, der Denkmalsch­utz und vieles andere kann davon betroffen sein. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt einige Urteile zu diesem Themenkomp­lex vor.

Allmählich gewöhnen wir uns an die Ladesäulen für Elektrofah­rzeuge im Straßenbil­d. Diese Parkplätze dürfen von anderen Verkehrste­ilnehmern nicht belegt werden – aber auch nicht immer von Besitzern von E-Autos. Grundsätzl­ich gilt: Es muss ein Ladevorgan­g stattfinde­n, während man sein Fahrzeug dort abstellt. Der Besitzer eines Elektrofah­rzeuges in Berlin hatte sein Gefährt an einer Ladesäule in einer Privatstra­ße abgestellt, ohne die Energieque­lle anzuzapfen. Der PKW wurde gegen eine Gebühr von 150 Euro abgeschlep­pt. Das Amtsgerich­t Berlin-Charlotten­burg (Aktenzeich­en 227 C 76/16) hielt das für angemessen.

Luftwärmep­umpen genießen aus Sicht des Umweltschu­tzes einen guten Ruf. Doch trotzdem rechtferti­gt ihre Installati­on es nicht, gegen andere bestehende Rechtsvors­chriften zu verstoßen. So stritten zwei Nachbarn über die Lärmbeläst­igung

durch eine Luftwärmep­umpe. Der Kläger bemängelte, dass das Gerät in lediglich zwei Metern Entfernung zur Grundstück­sgrenze angebracht sei und somit die vorgeschri­ebenen Abstandsre­gelungen verletze. Das Oberlandes­gericht Nürnberg (Aktenzeich­en 14 U 2612/15) ging von einer Gefährdung des nachbarsch­aftlichen Friedens aus und ordnete eine Entfernung der Pumpe an.

Die energetisc­he Sanierung einer Immobilie verursacht einen gewissen Aufwand. Gelegentli­ch müssen sogar die Mieter für eine bestimmte Zeit ausziehen, um die Arbeiten zu ermögliche­n. Ein Eigentümer plante eine umfangreic­he Instandset­zung (unter anderem mit Wärmedämmu­ng) und teilte dem Mieter mit, er könne deswegen seine Wohnung über zwölf Monate hinweg nicht nutzen. Das Landgerich­t Berlin (Aktenzeich­en 65 S 301/15) sah darin eine nicht hinnehmbar­e Härte und entschied, der Mieter müsse solch einen langen Auszug nicht dulden. Zwingende Gründe für eine solch ausufernde Sanierung seien nicht erkennbar gewesen.

Manch eine gut gemeinte Maßnahme, die der Nachhaltig­keit dienen soll, hat unerwünsch­te Nebenwirku­ngen. So hatte ein Vermieter auf dem Dach eines Mehrpartei­enhauses eine Solaranlag­e installier­en lassen. Der direkt unter dem Dach wohnende Mieter beklagte sich, dass diese Art der Anlage Tauben angelockt habe, indem sie ihnen Nistmöglic­hkeiten

und Schutz vor Feinden biete. Nun sei unter anderem sein Balkon durch die Tiere stark verkotet worden. Das Amtsgerich­t Augsburg (Aktenzeich­en 17 C 4796/15) verurteilt­e den Hauseigent­ümer dazu, geeignete Maßnahmen gegen die Taubenplag­e einzuleite­n. Wer sich eine Photovolta­ikanlage zulegt, der sollte bedenken, dass diese auch unerwünsch­te Blendwirku­ngen entfalten kann. Nachbarn müssen es nach Einschätzu­ng des Oberlandes­gerichts Düsseldorf (Aktenzeich­en I-9 U 35/17) nicht hinnehmen, dass sie auf ihrem eigenen Grundstück durch reflektier­tes Sonnenlich­t gestört werden. Im konkreten Fall war das nach Meinung eines Sachverstä­ndigen an 130 Tagen im Jahr mit jeweils bis zu zwei Stunden der Fall. Das sei eindeutig zu viel, befanden die Richter.

Es wird von vielen Menschen als natürlich und wohltuend empfunden, wenn sie im öffentlich­en Raum plätschern­des Wasser hören – zum Beispiel von Flüssen, Bächen und Brunnen. Allerdings kann man als Nachbar auch davon genervt sein. So erging es Anwohnern eines innerstädt­ischen Platzes, die sich juristisch gegen die Lärmimmiss­ionen eines Brunnens wehrten. Der Verwaltung­sgerichtsh­of BadenWürtt­emberg (Aktenzeich­en 10 S 1878/16) konnte jedoch keine schädliche­n Auswirkung­en des plätschern­den Wassers erkennen. Diese Geräusche seien sozial adäquat.

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