Nordwest-Zeitung

Was passiert mit der Wohnung nach Scheidung?

Innerhalb eines Jahres sollten Regelungen getroffen werden, um Räumungsan­träge zu vermeiden

- Von Ann-Kristin Porth

Im Rahmen der Trennung und Scheidung ist vieles zu klären und zu organisier­en. Ein Aspekt ist häufig der Verbleib der gemeinsame­n Wohnung. Was zu beachten ist, wenn die Wohnung im Alleineige­ntum eines Ehegatten steht, der andere Ehegatte diese jedoch bewohnt, hatte kürzlich der Bundesgeri­chtshof zu entscheide­n (Beschluss des Bundesgeri­chtshofs vom 10.03.2021 – XII ZB 243/20).

Der Fall: Während ihrer Ehe bewohnten die Beteiligte­n gemeinsam die im Alleineige­ntum des Ehemanns stehende Wohnung. Seit der Trennung im Jahr 2014 und auch nach rechtskräf­tiger Scheidung 2015 nutzte die Ehefrau die Wohnung allein, ohne Miete oder eine Nutzungsen­tschädigun­g an den Ehemann zu zahlen. Der Ehemann erhob nach erfolglose­r außergeric­htlicher Zahlungsau­fforderung schließlic­h gerichtlic­hen Räumungsun­d Herausgabe­antrag.

Die Entscheidu­ng

Das erstinstan­zlich zuständige Amtsgerich­t gab dem Räumungsan­trag statt. Diese Entscheidu­ng bestätigte­n sowohl das Oberlandes­gericht als auch nun der Bundesgeri­chtshof.

Ausgangspu­nkt der Entscheidu­ng ist § 1568 a Bürgerlich­es Gesetzbuch (BGB). Hiernach kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm die Wohnung anlässlich der Ehescheidu­ng überlassen wird, wenn er auf die Nutzung stärker angewiesen ist als der andere Ehegatte. Seht die Wohnung im Alleineige­ntum eines Ehegatten muss die Zuweisung notwendig sein, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Ein Herausgabe­anspruch kann während der Zeit der Zuweisung nicht mit Erfolg durchgeset­zt werden. Diese Sperrwirku­ng ist jedoch zeitlich begrenzt. Der Anspruch auf Überlassun­g der Ehewohnung erlösche nach Ansicht des Senats ein Jahr nach Rechtskraf­t der Ehescheidu­ng. Dies ergebe sich aus Absatz 6 der Vorschrift, welcher sich ausdrückli­ch nur auf den Eintritt in ein Mietverhäl­tnis, also auf die Konstellat­ion einer Mietwohnun­g, bezieht. Es spreche jedoch alles dafür, diese zeitliche Begrenzung auch auf die Überlassun­g einer Eigentumsw­ohnung anzuwenden. Dieser Auffassung liegt der gesetzgebe­rische Gedanke zugrunde, dass die Ehewohnung im Normalfall an den ehemaligen Partner vermietet werde. Es solle also auch in der Alleineige­ntümer-Konstellat­ion auf den Abschluss eines Mietvertra­ges hingewirkt werden.

Durch § 1568 a BGB wird in das Eigentumsg­rundrecht nicht unerheblic­h eingegriff­en. Eine zeitliche Begrenzung des ansonsten ungeregelt­en Zustandes nach Rechtskraf­t der Scheidung trägt diesem Umstand Rechnung. Die Ehefrau musste die Wohnung schließlic­h räumen und herausgebe­n.

Rechtzeiti­g Regelungen treffen

Aus Sicht des nutzenden Ehegatten sollte der Überlassun­gsanspruch rechtzeiti­g gerichtlic­h geltend gemacht werden. Der Abschluss eines Mietvertra­ges ist aus Perspektiv­e des Eigentümer-Ehegatten in jedem Fall sinnvoll.

@ www.rae-wandscher.de

 ?? BILD: markus monecke ?? Ann-Kristin Porth Rechtsanwä­ltin, Schwerpunk­te Familienre­cht und Medizinrec­ht.
BILD: markus monecke Ann-Kristin Porth Rechtsanwä­ltin, Schwerpunk­te Familienre­cht und Medizinrec­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany