Nordwest-Zeitung

Einzug ins neue Heim - Was heißt Herstellun­g?

Wenn der Bau zu spät fertig wird

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In Zeiten niedriger Zinsen liebäugeln viele Menschen mit dem Erwerb eines eigenen Hauses oder einer eigenen Wohnung. Was aber ist, wenn der Bau nicht rechtzeiti­g fertiggest­ellt wird?

Mit einem solchen Fall hatte sich der 13. Senat des Oberlandes­gerichts Oldenburg zu beschäftig­ten. Und darum ging es dabei konkret: Der Kläger aus Leer hatte bei einem Unternehme­r für 140.000 Euro eine Eigentumsw­ohnung erworben, die sich noch im Bau befand. Im notarielle­n Kaufvertra­g war eine Frist festgehalt­en, bis zu der das Objekt hergestell­t werden sollte. Aber was heißt „Herstellun­g“?

Was muss bei Einzug wirklich fertig sein?

Der Kläger meinte, es müsse das gesamte Objekt inklusive Außenanlag­en fertiggest­ellt sein. Der Beklagte meinte, es reiche aus, wenn der Kläger einziehen könne.

Die Richter betonten, dass es immer auf den individuel­len Vertrag ankomme. Im vorliegend­en Falle ergab die Vertragsau­slegung, dass es bei dem verabredet­en Datum auf die Bezugsfert­igkeit der Wohnung ankomme und nicht auf die vollständi­ge Fertigstel­lung des gesamten Objekts. Die Wohnung müsse dazu mit Ausnahme von Mängeln, die nicht die Sicherheit des Wohnens beeinträch­tigten, und mit Ausnahme der Außenanlag­en fertiggest­ellt sein. Denn die Vereinbaru­ng einer Frist habe insbesonde­re den Sinn, dass sich der Bauherr auf einen Einzugster­min einstellen könne.

Der Kläger kann in Teilbereic­hen Schadeners­atz verlangen

Der Kläger könne daher Schadenser­satz – zum Beispiel Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohn­ung, Fahrtkoste­n - für die Zeit zwischen dem verabredet­en Termin und der Bezugsfert­igkeit verlangen. Dafür, dass nach der Bezugsfert­igung der Wohnung an dem Gesamtobje­kt noch Arbeiten vorzunehme­n wären, könne er keinen Schadenser­satz verlangen. Er könne aber einen gewissen Betrag wegen der noch offenen Mängel und Restarbeit­en zurückbeha­lten.

Im konkreten Falle stehe dem Kläger daher ein sogenannte­s Leistungsv­erweigerun­gsrecht in Höhe von 10.000 Euro einschließ­lich eines „Druckzusch­lages“von 5.000 Euro zu. In dieser Höhe müsse er den Kaufpreis noch nicht zahlen, sondern erst nach vollständi­ger Fertigstel­lung des Gesamtobje­kts.

Die Entscheidu­ng ist rechtskräf­tig.

Oberlandes­gericht Oldenburg, Urteil vom 21.07.2020, Az. 13 U 28/20.

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