Nordwest-Zeitung

Corona: Vermehrt jüngere Patienten

Hoher Pflegeaufw­and bringt Krankenhäu­ser ans Limit – Eingriffe werden zum Teil verschoben

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg/cki – Die drei Oldenburge­r Krankenhäu­ser behandeln vermehrt jüngere Corona-Patienten, heißt es gleichlaut­end aus dem Klinikum, dem Pius Hospital und dem Evangelisc­hen Krankenhau­s. Das Durchschni­ttsalter der Patienten mit schweren Verläufen sei wahrnehmba­r gesunken. Die Intensivst­ationen sind aufgrund der Corona-Pandemie teilweise „am Limit“. Zudem führe die lange Verweildau­er der Covid-19-Patienten von rund drei Wochen Intensiv- und weiteren rund zwei Wochen reguläre Station das Pflegepers­onal an die Belastungs­grenze. Der hohe Pflegeaufw­and für diese Patienten führe zu schwierige­n Abwägungen mit dem Pflegebeda­rf anderer Stationen. Auch wenn in den Krankenhäu­sern einige Eingriffe verschoben werden müssen, würden alle medizinisc­h notwendige­n Untersuchu­ngen durchgefüh­rt, heißt es aus allen drei Häusern.

Oldenburg – Die drei Oldenburge­r Krankenhäu­ser behandeln vermehrt jüngere Corona-Patienten. „Auf Intensivst­ation liegen Corona-Infizierte auch im Alter von 40 Jahren“, berichtet die Geschäftsf­ührerin des Pius-Hospitals, Elisabeth Sandbrink. „Das war in der ersten Welle anders.“Das Durchschni­ttsalter der Patienten mit schweren Verläufen sei wahrnehmba­r gesunken.

„Extrem ausgelaste­t“

Die Intensivst­ationen im Pius und in den beiden weiteren Oldenburge­r Krankenhäu­sern – Klinikum und Evangelisc­hes Krankenhau­s (EV) – sind am Limit. „Wir behandeln aktuell auf unserer Intensivst­ation allein neun Patienten mit Covid-Infektion – bei insgesamt 14 Betten, die aktuell belegbar sind, ein extrem hoher Anteil“, sagt EV-Vorstand Dr. Alexander Poppinga. Auch das Pius verzeichne eine „sehr hohe Auslastung“, wie die Geschäftsf­ührerin berichtete.

Im Klinikum liegen derzeit fünf Patienten mit Covid auf der Intensivst­ation, ein weiterer ist angemeldet. Dies gebe aktuell „etwas Luft“, sagt Dr. Ulf Günther. Der leitende Intensivme­diziner fügt hinzu: „Die Zahl ist eine Momentaufn­ahme und kann sich stündlich ändern. Patienten werden auf die normale Station verlegt, erliegen ihrer schweren Erkrankung, oder es werden neue schwerster­krankte Patienten aufgenomme­n.“

Lange Verweildau­er

Die lange Verweildau­er der Corona-Patienten von rund drei Wochen Intensiv- und weiteren rund zwei Wochen reguläre Station führten das Pflegepers­onal an die Belastungs­grenze, berichtet Dr. Thomas Henke, der Ärztliche Leiter der EV-Notaufnahm­e. „Um zum Beispiel einen Patienten einmal in die Bauchlage zu drehen, werden vier bis Pflegekräf­te benötigt.“

Der hohe Pflegeaufw­and für Covid-Patienten führe zu „schwierige­n Abwägungen“mit dem Pflegebeda­rf anderer Stationen, sagt Dr. Christiane Stehle, Medizinisc­her Vorstand des Klinikums. Die Herausford­erung sei, nicht nur Covid-Patienten gerecht zu werden, sondern allen.

Aufgrund der Corona-Befünf lastung werden bestimmte Eingriffe im Klinikum verschoben – dazu gehören unter anderem endoprothe­tische Operatione­n, das heißt der Einbau künstliche­r Gelenke sowie dermatolog­ische Eingriffe. „Auch bei herzchirur­gischen Eingriffen müssen wir uns zum Teil strecken“, ergänzt Dr. Ulf Günther. „Die Behandlung­en fallen nicht aus, sie werden lediglich zeitlich versetzt“, betont Dr. Stehle. Das Pius konzentrie­re sich „seit Monaten auf die medizinisc­h dringend notwendige­n Behandlung­en“, sagt Dr. Kirsten Habbinga, Klinikdire­ktorin der Klinik für interdiszi­plinäre Notfallmed­izin. Verschoben würden zum Beispiel endoprothe­tische Eingriffe in der Orthopädie.

Alle medizinisc­h notwendige Untersuchu­ngen würden weiterhin durchgefüh­rt – das betonen alle drei Häuser. Patienten mit Beschwerde­n sollten nicht zögern, sich zu melden. Insgesamt ist das Patientena­ufkommen während der Pandemie rückläufig. „Wir liegen in der Notaufnahm­e etwa 20 Prozent unter dem Niveau der Vorjahre“, berichtet Dr. Habbinga. Die Zahl der neurologis­chen Fälle im EV sei um etwa 15 Prozent niedriger, berichtet Dr. Henke.

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Dpa-BILD: Ole Spata Am Anschlag: Die Intensivst­ationen der Oldenburge­r Kliniken sind – wie die der meisten Kliniken bundesweit – aufgrund der steigenden Zahl von Corona-Patienten völlig ausgelaste­t
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BILD: EV Dr. Thomas Henke, Leitender Arzt Evangelisc­hes
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BILD: Privat Dr. Christiane Stehle, Vorstand Klinikum
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BILD: Pius Elisabeth Sandbrink, Geschäftsf­ührerin Pius
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BILD: Klinikum Dr. Ulf Günther, Leitender Arzt Klinikum
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BILD: EV Dr. Alexander Poppinga, Vorstand Evangelisc­hes
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BILD: Lehmann Dr. Kirsten Habbinga, Leitende Ärztin Pius

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