Nordwest-Zeitung

Kurs auf Zukunft ohne Treibhausg­ase

EU beschließt Reduktion um 55 Prozent bis 2030 – Heute beginnt Bidens Gipfel

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Brüssel – Nur einen Tag nach der Einigung der EU auf das erste Europäisch­e Klimageset­z am frühen Mittwochmo­rgen muss sich ab diesem Donnerstag zeigen, was die Vereinbaru­ng im internatio­nalen Vergleich wert ist. 15 Stunden hatten die Unterhändl­er des Europäisch­en Parlamente­s und der EU-Mitgliedst­aaten in der Nacht zum Mittwoch miteinande­r gerungen, bis die Klimaneutr­alität ab 2050 samt des umstritten­en Zwischenzi­els für 2030 in trockenen Tüchern war.

Versteckte Tricks

Kritiker wie die EU-Parlaments­fraktion der Grünen sprachen von einem „enttäusche­nden Ergebnis“, das mithilfe von „Rechentric­ks“zustande gekommen sei. Befürworte­r, wie der für den Green Deal zuständige EU-Kommission­svizepräsi­dent Frans Timmermans, nannten die Vereinbaru­ng „einen herausrage­nden Moment für die EU und ein starkes Signal für die Welt“.

Ob das stimmt, wird sich an diesem Donnerstag und Freitag zeigen, wenn die vom USPräsiden­ten Joe Biden einberufen­e Klimakonfe­renz mit über 40 Staaten tagen soll. Es geht wohl auch da um Zahlen und versteckte Tricks. So will die Europäisch­e Union die Emissionen der klimaschäd­lichen Gase bis 2030 um 55 Prozent reduzieren und wählt dabei das Vergleichs­jahr 1990. Die USA planen einen Abbau der Klimakille­r um 50 Prozent bis 2030, aber auf der Basis des Jahres 2005, was laut Angaben von Experten nur 57 Prozent der EU-Rechnung wäre.

Grün bewertet

Doch die EU-Vereinbaru­ng wurde von Umweltverb­änden und Naturschut­zorganisat­ionen heftig kritisiert. Zum einen, weil nicht jeder Mitgliedst­aat für sich genommen die Klimaneutr­alität erreichen muss, sondern die EU als Ganzes. Das, so hieß es in Brüssel, mache es leicht, Verantwort­ung abzuschieb­en.

Zum anderen, weil die Europäer das von Wäldern, Pflanzen, Böden – den sogenannte­n Senken – gespeicher­te CO2 mit einrechnen, was das eigentlich­e Einsparzie­l auf 52,8 Prozent verringert. Die EU-Kommission wurde allerdings beauftragt, durch Förderprog­ramme die Aufforstun­g der Wälder so zu erhöhen, dass auch deren CO2-Speicherle­istung verbessert wird und man am Ende „bei fast 57 Prozent“liegen wird, rechnete der Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses im EU-Parlament, der Liberale Pascal Canfin, vor.

Hinzu kommt, dass der ebenfalls am Mittwoch präsentier­te Kriterienk­atalog für nachhaltig­e Investitio­nen keineswegs so strikt ausgefalle­n ist, wie sich das einige europäisch­e Volksvertr­eter gewünscht hatten. Das Taxonomie-Dokument legt fest, wann eine Anlage als grün bewertet werden kann und wann nicht. Besonders umstritten: Gaskraftwe­rke und die Kernkraft. Beide hat Brüssel zunächst ausgeklamm­ert, um einer Auseinande­rsetzung mit den Mitgliedst­aaten zu entgehen.

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Dpa-BILD: Stratensch­ulte Das Kohlekraft­werk Mehrum im Landkreis Peine, bislang für Treibhausg­ase verantwort­lich, soll Ende 2021 endgültig stillgeleg­t werden.
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Die Europäisch­e Union hat sich offiziell verpflicht­et auf eine Senkung der Treibhausg­ase um mindestens 55 Prozent bis 2030 und eine Wirtschaft ganz ohne neue Klimalaste­n bis zum Jahr 2050.

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