Wie sinnvoll sind nächtliche Ausgangssperren?
Faktencheck zu einem der umstrittensten Punkte im neuen Infektionsschutzgesetz
Berlin – Sie gehören zu den umstrittensten Punkten im neuen Infektionsschutzgesetz des Bundes: nächtliche Ausgangsbeschränkungen. In Regionen mit besonders vielen Corona-Neuinfektionen sollen zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens die Menschen weitestgehend in ihren Wohnungen bleiben. Jogging-Runden allein im Park oder im Wald sollen ab Mitternacht untersagt sein. In Niedersachsen sind ähnliche Regeln bereits umgesetzt. Vielen geht das zu weit. Zu Recht? tionen. Alles gut also? Nein. Denn es ist bisher nicht geklärt, wie viel Anteil daran diese eine Maßnahme hatte. In der Regel wurde sie von weiteren Vorgaben wie strengeren Kontaktbeschränkungen und gegebenenfalls Schulschließungen flankiert. Zudem gab es mitunter auch tagsüber Ausgangssperren.
Forscher der Uni Oxford nahmen jüngst den Einfluss einzelner Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen genauer unter die Lupe. Ihre Studie ergab: Nächtliche Ausgangsbeschränkungen können die Verbreitung des Covid-19-Erregers um rund 13 Prozent reduzieren. Einschränkend schreiben sie aber, dass die Maßnahme nicht leicht vom Effekt paralleler Regelungen zu unterscheiden sei. Begutachtet wurde die Studie bislang nicht.
Die Ausgangsbeschränkungen sollen vor allem Treffen in geschlossenen Räumen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko unterbinden. Das sagt auch der Mobilitätsforscher Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin: „Nächtliche Ausgangsbeschränkungen zielen auf die privaten Besuche.“Es solle nicht der Eindruck entstehen, die Leute sollten von draußen nach drinnen, das sei „wirklich die falsche Richtung“, erklärte er in einer Bundestagsanhörung. Es sei „nicht wissenschaftlich (zu) verteidigen“, wenn etwa Gruppen im Park mit ausreichend Abstand säßen und dann heimgehen müssten. Zudem wird befürchtet, dass sich Treffen und Besuche einfach zeitlich verschieben könnten.
Manch einem dürfte es auch sauer aufstoßen, dass die Maßnahme erneut auf die Freizeit zielt. Auf den Arbeitsweg in überfüllte Betriebe darf man sich weiterhin machen – und das rund um die Uhr.