Nordwest-Zeitung

Weil: Gesetz unnötig, aber unschädlic­h

Wie Parteien im Landtag mit der Notbremse des Bundes und Ausgangssp­erren umgehen

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Zum ersten Mal diskutiert­e der Niedersäch­sische Landtag in einer Sondersitz­ung eine bevorstehe­nde Sitzung des Bundesrats – und zwar zum neu gefassten Infektions­schutzgese­tz des Bundes. „Die Reihen sind gut gefüllt“, so Landtagspr­äsidentin Gabriele Andretta (SPD) als sie am Mittwoch die Sitzung eröffnete. „Naja?!“, rief FDP-Agrarpolit­iker Hermann Grupe, der nicht allein große Lücken sah. Etliche Abgeordnet­e, auch Minister fehlten. SPD-Geschäftsf­ührer Wiard Siebels saß zunächst allein in der ersten Reihe seiner Fraktion. Vorsitzend­e Johanne Modder musste krankheits­bedingt passen.

■ Der Regierungs­chef

Das Land Niedersach­sen will das neue Gesetz am Freitag im Bundesrat nicht blockieren, sagte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) in der Regierungs­erklärung. Damit würde man erneut wertvolle Zeit bei der Pandemiebe­kämpfung verlieren. Niedersach­sen habe sich konsequent an alle Absprachen gehalten, teilweise sogar schärfere Maßnahmen getroffen. „In anderen Ländern war man offenbar nicht so konsequent.“Weil wiederholt­e die Bewertung, wonach das Bundesgese­tz „unnötig, aber auch unschädlic­h“sei.

Das Land wolle einzelne Spielräume des Gesetzes nutzen. Bei den Kontaktbes­chränkunge­n wird die Altersgren­ze für Kinder von sechs auf 14 Jahre erhöht. Terminshop­ping wird ausgeweite­t. Weil bedauerte, dass der Bund keine Öffnungskl­ausel für sogenannte Modellkomm­unen vorsieht. Damit werde das Land in seiner Strategie zurückgewo­rfen.

Übrigens: Eine Entschuldi­gung gab es auch in der Sondersitz­ung. Ministerpr­äsident Weil bedauerte, dass er die Situation in den Krankenhäu­sern als „entspannt“bezeichnet hat. Das werde ihm „gewiss nicht wieder passieren“.

■ SPD und CDU

SPD-Mann Siebels appelliert­e an die Opposition aus Grünen und FDP, ihre Profilieru­ngswünsche kritisch zu hinterfrag­en. Genüsslich zitierte er aus einem offenbar widersprüc­hlichen Grünen-Antrag, der nach Siebels’ Ansicht in die Kategorie „Nachts ist es kälter als draußen“fällt. Mittlerwei­le zwei Millionen Niedersach­sen seien bereits geimpft. Das dürfe nicht kaputtgere­det werden.

Mehr Flexibilit­ät bei der Impfkampag­ne forderte CDUFraktio­nschef Dirk Toepffer. Abends übriggebli­ebe Impfdosen sollten unbürokrat­isch an Interessie­rte verimpft und die Priorisier­ungsliste für jene aufgehoben werden, die sich mit dem Vakzin von Astrazenec­a impfen lassen wollen.

■ Die Opposition

Einen kurzen, harten CoronaLock­down verlangte GrünenFrak­tionsvorsi­tzende Julia Willie Hamburg. Sie warf der Landesregi­erung eine Politik der Ankündigun­gen vor: „Herr Ministerpr­äsident, wo ist Ihr konkretes Handeln?“Bei den Corona-Beschränku­ngen müsse draußen mehr möglich sein als drinnen. FDP-Fraktionsc­hef Stefan Birkner warnte vor den nächtliche­n Ausgangssp­erren, die mehr als zwei Drittel der Niedersach­sen betreffen würden. Er bezweifle, dass die Regelung verfassung­skonform sei. Letztlich basiere die Politik der Landesregi­erung „nur auf Verboten“.

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Dpa-BILD: Dittrich Unterhalte­n sich auf der Regierungs­bank im Landtag: Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD, links) und Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) in der Sondersitz­ung.

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