Handel: „Ohne Schuhe geht es nicht“
Kritik an Corona-Regeln – Oldenburger Einzelhändler wünschen sich Beratungstermine zurück
So ist das mit dem schlechten Gewissen. Auch wenn man es eigentlich gar nicht haben muss, plagt es einen. So erging es einem Leser, der unlängst einer der ersten Kunden bei der Wiedereröffnung eines Discounters war. Und auch, wenn er nicht DER erste war, trat er zufällig als solcher in den Laden. Dafür erhielt er einen 20-Euro-Gutschein. Dass der ihm nicht zustand, ging in dem Trubel unter. Und als es ihm bewusst wurde, ließ sich der rechtmäßig zu Belohnende nicht mehr ermitteln. Also hat der Leser sich etwas überlegt: Er hat 20 Euro eingetütet, einen Zehner draufgelegt und das Geld an Theobald geschickt. Und der hat es dem vorgesehenen guten Zweck zukommen lassen: der NWZ-Weihnachtsaktion. Dass damit – so wie der Spender es hofft – auch die oder der eigentlich Erste einverstanden ist, glaubt ganz fest Ihr
theobald@NWZmedien.de
Oldenburg – Die Sommerware konnte gerade so bezahlt werden. Ob nach der Saison genug Geld da ist, um Winterware zu kaufen, das hoffen viele Einzelhändler in der Bekleidungsbranche. Die Corona-Pandemie ist eine große finanzielle Herausforderung für sie – auch für die Schuhgeschäfte. Dass sie jetzt wieder schließen müssen, ist für viele der Händler schwer nachvollziehbar.
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Die Schuhgeschäfte
„Ohne Schuhe geht es nicht. Ich verstehe nicht, warum wir nicht zur Grundversorgung gehören“, sagt Katrin Kristen. Seit sieben Jahren führt sie das Schuhgeschäft Kassedy im Lambertihof. „Am Anfang hätte keiner gedacht, dass uns die Corona-Pandemie so lange beschäftigen würde. Jetzt müssen neue Konzepte her, ehe die Schuhbranche den Bach runter geht“, sagt Kristen. Nachdem die Stadt Oldenburg wieder zur Hochinzidenzkommune erklärt wurde, musste Kristen ihr Schuhgeschäft wieder schließen und darf derzeit nur „Click&Collect“anbieten. Das bedeutet, Kunden dürfen den Laden nicht mehr betreten. „Ich stelle einen Stuhl vor meinen Laden, da können Schuhe anprobiert werden“, erklärt sie. Jedoch sei das nicht ausreichend. Genauso wenig wie die staatlichen Hilfen: „Das ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“Sie wünsche sich zumindest „Click&Meet“zurück, um Kunden auf Termin in das Geschäft lassen zu können. „Ich bin der Meinung, dass wir kein Infektionsherd sind und es auch noch nie waren“, sagt Kristen.
Ähnlich sieht das Daniel Weiß von „dein Schuh“in Kreyenbrück. Seine Frau und er bieten in ihren beiden Geschäften sowohl Kinderschuhe als auch Schuhe für Erwachsene
an. Dass die Beratung jetzt wegfällt, hält er für problematisch: „Gerade für wachsende Kinderfüße ist es wichtig, die richtige Größe zu bestimmen“, so Weiß. Derzeit müssten Eltern die Füße ihrer Kinder vor dem Laden unter fachlicher Anleitung selbst ausmessen. Hinzu komme ein weiteres Problem: Orthopädiehäuser sind weiterhin geöffnet und dürfen neben Einlegesohlen auch weiterhin Schuhe verkaufen. „Wir bieten zwar auch Schuhe für Senioren, Diabetiker und spezielle Einlagen an, dürfen die aber nicht verkaufen, weil wir keinen Orthopädiemeister beschäftigen“, sagt Weiß.
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Orthopädie-technik
Stefan Eggers hofft, dass nicht nur Orthopädiegeschäfte wie seines, sondern auch andere Schuhläden in Oldenburg bald wieder öffnen können. Er ist Geschäftsführer von Eggers Schuhtechnik in der Oldenburger Innenstadt und Vorsitzender
des Vereins Leistungsgemeinschaft Orthopädieschuhtechnik.
„Die gezielte Beratung war ein guter Ansatz, der funktioniert hat“, sagt Eggers. Vor allem für Senioren und Menschen mit „Problemfüßen“sei die Beratung vor Ort unerlässlich. Hinzu komme, dass nun einige Supermärkte ihr Sortiment erweiterten und unter anderem auch vermehrt Kleidung
und Schuhe anböten. „Dabei könnte man das den Fachgeschäften überlassen, die einen kontrollierten Kundenkontakt gewährleisten können“, sagt er.
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Stadt Oldenburg
Wie Stadtsprecher Reinhard Schenke am Mittwoch unserer Redaktion sagt, gebe es auf kommunaler Ebene keinen
Entscheidungsspielraum. „Die Schuhgeschäfte fallen nicht unter die Öffnungskriterien, die Zulässigkeit von Anprobeterminen bezieht sich nämlich nur auf individuell gefertigte oder geänderte Kleidung“, sagt Schenke und verweist dabei auf die Niedersächsische Corona-Verordnung. So bleibe derzeit lediglich die Möglichkeit zu „Click&Collect“.