Zur Person
Ein Kind spielt in einer Kindertagesstätte mit einem roten Auto: Auf Erzieher kommen immer mehr Aufgaben zu. Mehr Zeit bekommen sie dafür aber nicht. Eine Gruppe besteht aus 25 Kindern mit zwei Betreuungskräften.
Landesregierung keine Fachkräfte dafür vorhanden. „Da platzt mir die Hutschnur“, sagt Tekin: „Wir haben einen Fachkräftemangel, aber die Landesregierung hat diesen Karren sehenden Auges vor die Wand fahren lassen.“Nachdem 2013 der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz eingeführt wurde, sei nicht verstärkt ausgebildet worden.
Es brauche mehr Plätze an Berufsschulen. Tekin kritisiert aber auch die rein schulische Ausbildung: „Nach vier Jahren Ausbildung zur Erzieherin sind viele noch auf Praktikantenniveau. Die scheitern dann
Kerstin Tekin
in der Praxis, weil sie überfordert sind.“
Ein Beispiel sei die Kita in Friedrichsfehn, die für fünf Gruppen gebaut wurde. „Wir haben aber nur Personal für vier Gruppen gefunden. Da werden Steuergelder investiert, aber die Räume stehen leer.“Diese Entwicklung habe sich lange abgezeichnet.
Wie ist die Belastung in den Gruppen spürbar
Laut Tekin stehen die Betreuungskräfte in den Kitas, aber auch die Eltern unter enormen
Druck. „Es gibt eine stetige Überbelastung. Das führt soweit, dass Mitarbeiter deshalb krank werden.“Aus diesem Grund sehe die Kita-Leiterin es als ihre Aufgabe an, Mitarbeiter zu schützen. „Ich bremse meine Kolleginnen aus, nicht noch zu Hause über ihre Arbeitszeit hinaus zu arbeiten“, so Tekin.
Sie beobachte Parallelen zur Pflege: „Man geht ständig über seine Grenzen und kann den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden.“Die Leidtragenden seien am Ende auch die Schützlinge in den Kitas. „Wir können die Kinder
nicht einfach ins Regal legen wie Akten in der Verwaltung, wenn wir die Aufgaben an einem Tag nicht schaffen“, sagt Tekin.
Viele Erzieher würden deshalb nach einigen Jahren aussteigen. „Ich habe Kolleginnen, die machen nicht bis zum Rentenalter, sondern hören vorher auf “, sagt Tekin. Es fehle an einer Lobby für Erzieher, um sich Gehör zu verschaffen.
Was müsste jetzt unternommen werden
Um die Belastung für die Mitarbeiter zu senken und mehr Qualität in der Betreuung anbieten zu können, müssten laut Tekin Ressourcen für das Personal geschaffen werden. Das heißt vor allem: mehr Zeit. „Gruppenstärken senken, mehr Verfügungszeit und mehr Leitungszeit – das ist unbedingt notwendig.“Zugenommen habe auch der Beratungsbedarf der Familien: „Junge Eltern sind ganz oft überfordert. Die Flut an Informationen verunsichert sie.“