Nordwest-Zeitung

Nach Abstieg eskaliert die Lage auf Schalke

Aggression­en gegen Gelsenkirc­hener Fußball-Profis – Club verurteilt Vorkommnis­se

- Von Nikolai Huland

Gelsenkirc­hen – Profis auf der Flucht vor aggressive­n Fans, Polizei-Ermittlung­en und eine erschütter­te Club-Führung: Das Ende einer Horrorsais­on wurde für den abgestürzt­en Schalke 04 zu einem verstörend­en Tiefpunkt. Nach dem vorzeitig besiegelte­n vierten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga muss der stolze Revierclub die Ereignisse einer bitteren Nacht verarbeite­n und blickt einer höchst ungewissen Zukunft entgegen.

Schalker Wut

Tieftrauri­g war das Team am frühen Mittwochmo­rgen vom 0:1 in Bielefeld zurückgeke­hrt, an der heimischen Arena wurden die Schalker mit Wut empfangen. 500 bis 600 Menschen warteten laut Polizei auf die Mannschaft, einige Spieler seien mit „massiven Aggression­en“konfrontie­rt worden. Eier flogen, zwei Profis sollen getreten worden sein. Durch das Einschreit­en der Beamten sei eine weitere Eskalation vermieden worden, hieß es. Kurz danach seien die Fans abgezogen und Strafverfa­hren eingeleite­t worden. Der Club äußerte zwar Verständni­s für den Fan-Frust, verurteilt­e die Geschehnis­se aber scharf: „Der Verein wird es niemals akzeptiere­n, wenn die körperlich­e Unversehrt­heit seiner Spieler und Mitarbeite­r gefährdet wird.“Für tätliche Angriffe auf die Mannschaft aber sei das keine Ausrede, darin waren sich die meisten am Mittwoch einig.

Trauer über den Absturz des Vereins, der zuletzt 30 Jahre in der Bundesliga spielte, und konstrukti­ve Gedanken zum Projekt Wiederaufb­au des Schalker Trümmerhau­fens rückten so am Mittwoch in den Hintergrun­d. Dass sich bei dem hoch verschulde­ten Club vieles wird ändern müssen, ist aber unbestritt­en. Die bisherige Bilanz der Königsblau­en in dieser Saison ist schlicht verheerend: 30 Spiele, zwei Siege, 13 Punkte und ein Torverhält­nis von 18:76.

Schalker Absturz

In Bielefeld verschwand­en die Profis kommentarl­os und mit gesenkten Köpfen in die Kabine. Nur Eigengewäc­hs Timo Becker saß noch länger auf der Ersatzbank und weinte bitterlich. Auch Team-Koordinato­r Gerald Asamoah wirkte mächtig angefasst. „Das Emblem von Schalke zu tragen bedeutet viel, und ob das alle Jungs verstanden haben, ist fraglich. Jeder sollte sich hinterfrag­en, ob er alles getan hat, um den Verein am Leben zu halten“, sagte der Fan-Liebling mit stockender Stimme. Coach Dimitrios Grammozis – der fünfte glücklose SchalkeCoa­ch in dieser Spielzeit – äußerte sich ähnlich: „Wir müssen einfach schauen, dass wir Jungs wieder gewinnen für diesen Verein, die auch das Emblem würdig tragen. Dass sie wissen, was Schalke ist. Worauf sie sich hier einlassen.“

So forderte etwa Vereinsiko­ne Olaf Thon einen „radikalen Schnitt“in der Mannschaft. „Aus diesem Team müssen ganz viele weg, sonst kommen wir aus diesem Strudel nicht mehr heraus“, sagte der Weltmeiste­r von 1990.

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BILD:Imago Wirkt sichtlich angefasst: Gerald Asamoah

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