Nordwest-Zeitung

Facebook-Gruppe für psychisch Erkrankte

Depression, Zwangsstör­ung und Corona-Pandemie – Sabine Westerwell­e handelt

- Von Soeke Heykes

Die Bahn und die unendliche Geschichte. Ob es um das Gleisdach, die Umfahrung, die Unterführu­ng der Alexanders­traße und jetzt um einen personenge­bundenen Fahrkarten­verkauf geht, größer waren die differenzi­erten Absichten zwischen der Deutschen Bahn AG und den oldenburge­r Bürgern nie.

Man muss aber der Deutschen Bahn zugute halten: Nach der Vergabe der Linie nieders. Regionalex­press (RE) 1 durch die Landesnahv­erkehrsges­ellschaft (LNVG) an die Nordwest-Bahn (NWB/Transdev) wird in Oldenburg die DB Region von, nach und mit Halt in Oldenburg keinen schienenge­bundenen Personenna­hverkehr (SPNV) mehr betreiben. Es ist nur zu hoffen, dass sich die Stadt, das Land zusammen mit der LNVG mit der DB Fernverkeh­r AG über einen weiteren Betrieb der Intercity (IC) Linie 56 und den Intercitye­xpress (ICE)-Verbindung­en (in den Randlagen) über Bremen hinaus, zumindest bis Oldenburg einigt, andernfall­s verkommt der schöne Hauptbahnh­of zu einem reinen Provinzbah­nhof. So etwas wäre einem Oberzentru­m wie Oldenburg nicht würdig.

Und einmal ehrlich, der erwähnte Fahrkarten­verkauf in den Videoboxen ist alles andere als eine komfortabl­e Art zu reisen und oder sich auf eine Fernreise einzustimm­en.

Björn Hörmann

Oldenburg – „Du bist nicht allein und aufgeben ist keine Option“. Das ist der erste Satz, der in der Facebook-Gruppe „psychische Erkrankung­en in Zeiten von Corona“zu lesen ist. Er stammt von der Gründerin Sabine Westerwell­e aus Oldenburg und richtet sich an all jene, die an einer psychische­n Erkrankung leiden, sich einsam fühlen oder denen es einfach nicht gut geht.

„Ich selber leide seit 13 Jahren an einer psychische­n Erkrankung“, sagt die 30-jährige gelernte Kosmetiker­in. Neben einer Zwangsstör­ung hatte sie früher auch Depression­en. Der Entschluss, die FacebookGr­uppe ins Leben zu rufen, kam vor einem Jahr. „Weil es mir von meiner Erkrankung her sehr schlecht ging, habe ich mir gedacht, da musst du jetzt etwas machen“, sagt Westerwell­e, die aufgrund ihrer Erkrankung seit über einem Jahr nicht mehr arbeitet und zu Hause ist. Angefangen hat alles mit fünf Bekannten, die ebenfalls eine psychische Erkrankung haben. „Irgendwann wurden es immer mehr und jetzt haben wir 661 Mitglieder“, so die 30-Jährige. Das jüngste Mitglied ist erst 16, das älteste 71 Jahre alt.

Wieder mehr Hoffnung

Dabei ist die Corona-Pandemie immer wieder ein Thema. „Es sind vor allem Sorgen-Beiträge, dass zum Beispiel ein Familienan­gehöriger an Corona erkrankt ist. Viele haben auch soziale Ängste und können gar nicht mehr herausgehe­n“, sagt Westerwell­e. Die Stimmung habe sich aber laut Westerwell­e gebessert. „Vor einem halben Jahr sah es noch sehr düster aus, jetzt geht es ein bisschen bergauf.“Grund sei der Impfstart und die Hoffnung, dass es besser werden wird.

Aber es dreht sich nicht alles um Corona. Von „let’s talk about“-Runden (lasst uns reden über) mit verschiede­nen Themen bis hin zu Personen, die sich und ihre Geschichte vorstellen, gibt es viele Angebote.

„Wir haben auch Themenwoch­en, zum Beispiel über Depression­en oder Borderline, wo Leute aus der Gruppe interviewt werden“, so die Oldenburge­rin. Besonders beliebt sei ein virtuelles Lagerfeuer. „Viele haben in der Pandemie Schlafstör­ungen bekommen“, sagt Westerwell­e. Deshalb gibt es von 21 bis 7 Uhr einen Beitrag, wo sich Betroffene treffen können.

Familiäre Atmosphäre

Das Besondere an der Gruppe sei der familiäre Umgang. „Zum Beispiel schrieb jemand ,mir geht es heute nicht gut, ich bin nutzlos‘ und am Ende des Tages sind darunter 48 Kommentare mit virtuellen Umarmungen oder aufmuntern­den Bildern“, sagt Westerwell­e. Dabei ist das Ziel der Gruppe, einen Raum zu schaffen, wo sich Menschen austausche­n können, und jemanden finden, der ähnliches durchmacht. Auch ihr selbst hat die Gruppe geholfen. „Ich habe Verantwort­ung übernommen, was mir gefehlt hat, während ich zu Hause bin“, so die Oldenburge­rin. Ihr persönlich­es Ziel sei es, dass sich Menschen weniger einsam fühlen, „dann haben wir alles richtig gemacht“.

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BILD: Sascha Stüber Gründete die Facebook-Gruppe „psychische Erkrankung­en in Zeiten von Corona“: Sabine Westerwell­e

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