Debatte um Wegfall der Maskenpflicht
Weil offen für Lockerungen im Freien – Land will Treffen erleichtern
Hannover – Kaum gehen die Inzidenzwerte nach unten, schon wird über ein mögliches Ende der Maskenpflicht diskutiert. Doch es gibt viele warnende Stimmen, auf diese Schutz-Möglichkeit zu verzichten. So mahnte etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zur Vorsicht. „Wir sollten nicht den Eindruck vermitteln, die Pandemie sei vorbei“, sagte der SPD-Politiker am Montag mehreren Medien.
Weil zeigte sich zwar offen für Lockerungen im Freien. Skeptischer sieht er aber Lockerungen in geschlossenen Räumen und vor allem im öffentlichen Personen-Nahverkehr. „Dort dürfte eine Aufhebung der Maskenpflicht als Letztes in Betracht kommen“, betonte Weil.
Am Montagabend wurde bekannt, dass das Land auch andere Beschränkungen weiter lockern will. Private Treffen sollen vom 25. Juni an erleichtert werden, teilte die Staatskanzlei mit. Die Landesregierung arbeite an diversen Lockerungen bei einer Inzidenz unter 10 und an einer moderaten Erleichterung in Regionen zwischen 10 und 35. Möglich wären dann Treffen von bis zu zehn Personen aus bis zu zehn Haushalten. Bei einer Inzidenz unter 10 soll die Zahl von zehn auf 25 Personen drinnen erhöht werden.
Auch Regelungen für Veranstaltungen sollen deutlich gelockert werden.
■ Was Forscher zur Maskenpflicht sagen, lesen Sie auf
Berlin/Hannover – Eine generelle Aufhebung der Maskenpflicht in Deutschland könnte nach Ansicht von Wissenschaftlern ein Wiederaufflammen der Pandemie nach sich ziehen. „Wenn wir nach dem Wegfall der Testpflicht in vielen Situation nun auch noch die Maskenpflicht fallenlassen, sind wir im Grunde in einem ungestörten Leben wie vor der Pandemie“, sagte Eberhard Bodenschatz vom MaxPlanck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen am Montag. Das Virus aber sei noch da.
Schutz in Innenräumen
Auch die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie, Eva Grill, hält es vorerst für wichtig, zumindest drinnen weiterhin Maske zu tragen. „Masken sind ein einfacher und wirksamer Schutz, vor allem in Innenräumen“, so die Epidemiologin von der Ludwig-MaximiliansUniversität in München. „Es geht hier auch um den Schutz vor ansteckenderen neuen Varianten des Virus.“
Aerosolforscher Christof Asbach hält eine Entscheidung für die Abschaffung der Maskenpflicht im Freien für gut nachvollziehbar. In Innenräumen gehe es dann letztlich auch um die Frage, welches Risiko man akzeptieren möchte. „Die Wahrscheinlichkeit in Innenräumen auf einen Infizierten zu treffen, bleibt mit und ohne Maskenpflicht gleich“, sagte der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung der dpa. „Das Risiko, sich anzustecken, ist ohne Maske natürlich höher.“Er plädiere auch an die Vernunft der Menschen.
In Deutschland ist eine Diskussion über den Sinn des Mund-Nasen-Schutzes entbrannt. Zunächst könne die Maskenpflicht draußen grundsätzlich entfallen, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt. In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und hoher Impfquote könne die Pflicht drinnen nach und nach entfallen. FDP und AfD hatten zuvor die komplette Aufhebung der Maskenpflicht gefordert.
Wetter hilft
Nach Ansicht des Göttinger Forschers Bodenschatz steigt mit dem Wegfall der Testpflicht die Gefahr, einem hoch ansteckenden asymptomatischen Virusträger zu begegnen und etwa in Innenräumen höheren Viruskonzentrationen ausgesetzt zu sein, weil viele Infizierte nicht mehr erkannt würden.
Derzeit helfe das Wetter bei der Bekämpfung der Pandemie mit, weil bei der kühlen Luft am Morgen viel gelüftet werde. Aber: „Wenn es heiß wird, bleiben Fenster oft zu.“
Niedersachsen hatte schon vor einigen Wochen damit geliebäugelt, die Maskenpflicht im Einzelhandel in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 fallenzulassen – und zog das Vorhaben nach breiter Kritik zurück. Aus Expertensicht war das auch gut so: „Frühestens, wenn wir Impfquoten von 70 bis 80 Prozent erreicht haben, könnte man darüber nachdenken“, hatte der Virologe Friedemann Weber von der Uni Gießen Ende Mai gesagt.