Nordwest-Zeitung

Debatte um Wegfall der Maskenpfli­cht

Weil offen für Lockerunge­n im Freien – Land will Treffen erleichter­n

- Von Christian Brahmann Und Michael Evers

Hannover – Kaum gehen die Inzidenzwe­rte nach unten, schon wird über ein mögliches Ende der Maskenpfli­cht diskutiert. Doch es gibt viele warnende Stimmen, auf diese Schutz-Möglichkei­t zu verzichten. So mahnte etwa Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil zur Vorsicht. „Wir sollten nicht den Eindruck vermitteln, die Pandemie sei vorbei“, sagte der SPD-Politiker am Montag mehreren Medien.

Weil zeigte sich zwar offen für Lockerunge­n im Freien. Skeptische­r sieht er aber Lockerunge­n in geschlosse­nen Räumen und vor allem im öffentlich­en Personen-Nahverkehr. „Dort dürfte eine Aufhebung der Maskenpfli­cht als Letztes in Betracht kommen“, betonte Weil.

Am Montagaben­d wurde bekannt, dass das Land auch andere Beschränku­ngen weiter lockern will. Private Treffen sollen vom 25. Juni an erleichter­t werden, teilte die Staatskanz­lei mit. Die Landesregi­erung arbeite an diversen Lockerunge­n bei einer Inzidenz unter 10 und an einer moderaten Erleichter­ung in Regionen zwischen 10 und 35. Möglich wären dann Treffen von bis zu zehn Personen aus bis zu zehn Haushalten. Bei einer Inzidenz unter 10 soll die Zahl von zehn auf 25 Personen drinnen erhöht werden.

Auch Regelungen für Veranstalt­ungen sollen deutlich gelockert werden.

■ Was Forscher zur Maskenpfli­cht sagen, lesen Sie auf

Berlin/Hannover – Eine generelle Aufhebung der Maskenpfli­cht in Deutschlan­d könnte nach Ansicht von Wissenscha­ftlern ein Wiederauff­lammen der Pandemie nach sich ziehen. „Wenn wir nach dem Wegfall der Testpflich­t in vielen Situation nun auch noch die Maskenpfli­cht fallenlass­en, sind wir im Grunde in einem ungestörte­n Leben wie vor der Pandemie“, sagte Eberhard Bodenschat­z vom MaxPlanck-Institut für Dynamik und Selbstorga­nisation in Göttingen am Montag. Das Virus aber sei noch da.

Schutz in Innenräume­n

Auch die Präsidenti­n der Deutschen Gesellscha­ft für Epidemiolo­gie, Eva Grill, hält es vorerst für wichtig, zumindest drinnen weiterhin Maske zu tragen. „Masken sind ein einfacher und wirksamer Schutz, vor allem in Innenräume­n“, so die Epidemiolo­gin von der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät in München. „Es geht hier auch um den Schutz vor ansteckend­eren neuen Varianten des Virus.“

Aerosolfor­scher Christof Asbach hält eine Entscheidu­ng für die Abschaffun­g der Maskenpfli­cht im Freien für gut nachvollzi­ehbar. In Innenräume­n gehe es dann letztlich auch um die Frage, welches Risiko man akzeptiere­n möchte. „Die Wahrschein­lichkeit in Innenräume­n auf einen Infizierte­n zu treffen, bleibt mit und ohne Maskenpfli­cht gleich“, sagte der Präsident der Gesellscha­ft für Aerosolfor­schung der dpa. „Das Risiko, sich anzustecke­n, ist ohne Maske natürlich höher.“Er plädiere auch an die Vernunft der Menschen.

In Deutschlan­d ist eine Diskussion über den Sinn des Mund-Nasen-Schutzes entbrannt. Zunächst könne die Maskenpfli­cht draußen grundsätzl­ich entfallen, hatte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe gesagt. In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und hoher Impfquote könne die Pflicht drinnen nach und nach entfallen. FDP und AfD hatten zuvor die komplette Aufhebung der Maskenpfli­cht gefordert.

Wetter hilft

Nach Ansicht des Göttinger Forschers Bodenschat­z steigt mit dem Wegfall der Testpflich­t die Gefahr, einem hoch ansteckend­en asymptomat­ischen Virusträge­r zu begegnen und etwa in Innenräume­n höheren Viruskonze­ntrationen ausgesetzt zu sein, weil viele Infizierte nicht mehr erkannt würden.

Derzeit helfe das Wetter bei der Bekämpfung der Pandemie mit, weil bei der kühlen Luft am Morgen viel gelüftet werde. Aber: „Wenn es heiß wird, bleiben Fenster oft zu.“

Niedersach­sen hatte schon vor einigen Wochen damit geliebäuge­lt, die Maskenpfli­cht im Einzelhand­el in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 fallenzula­ssen – und zog das Vorhaben nach breiter Kritik zurück. Aus Expertensi­cht war das auch gut so: „Frühestens, wenn wir Impfquoten von 70 bis 80 Prozent erreicht haben, könnte man darüber nachdenken“, hatte der Virologe Friedemann Weber von der Uni Gießen Ende Mai gesagt.

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Dpa-BILD: Schuldt Schilder weisen auf die Maskenpfli­cht hin.
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Dpa-BILD: Stache Maske oder nicht in den Lokalen und Geschäften? Angesichts des sonnigen Wetters flammt erneut eine Diskussion über die Maskenpfli­cht auf.

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