Nordwest-Zeitung

Nato nimmt China ins Visier

Auch Russland erntet deutliche Kritik – USA und Europa eng beieinande­r

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Brüssel – Es ist dieses Bekenntnis, auf das die Nato so sehr gehofft hatte: „Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigte­n Staaten da sind“, sagte US-Präsident Joe Biden am Montag beim Treffen mit den übrigen 29 Staats- und Regierungs­chefs der Allianz. Europa beizustehe­n, sei für Washington „eine heilige Pflicht“. Gut vier Jahre, nachdem sein Vorgänger Donald Trump die Verbündete­n mit Drohungen eines Austritts der USA aus dem Bündnis verschreck­t hatte, wollte Biden wieder Ruhe im transatlan­tischen Verhältnis schaffen. „Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle und wird mit einer kollektive­n Antwort beantworte­t werden.“

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g ergänzte: „Heute werden wir ein neues Kapitel in den transatlan­tischen Beziehunge­n eröffnen.“Nun sollten „Einigkeit und Zusammenha­lt“(Stoltenber­g) demonstrie­rt werden – zum einen, weil der US-Präsident gestärkt in das Gipfeltref­fen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin an diesem Mittwoch in Genf gehen will.

■ CHINA

Zum anderen, weil der neue Mann im Weißen Haus ein Bündnis gegen China benötigt. „Wir treten nicht in einen Kalten Krieg ein und China ist nicht unser Gegner und nicht unser Feind“, betonte der Nato-Generalsek­retär. Inzwischen spricht man im Brüsseler Nato-Hauptquart­ier jedoch von einer „neuen Herausford­erung“, da Peking sich zu einer Großmacht gemausert habe, allerdings „unsere Werte nicht teilt“. Man formuliert­e dennoch gebremst, weil die Nato zugleich auf Dialog setzt. Das fernöstlic­he Riesenreic­h solle „internatio­nale Verpflicht­ungen einhalten“und der „Rolle als Großmacht“gerecht werden, heißt es im Beschluss des Gipfeltref­fens.

■ RUSSLAND

Ganz andere Töne gab es dagegen Richtung Moskau. „Russland verhält sich jetzt gegenüber den Nato-Staaten schlimmer und tritt störender auf als in den vergangene­n Jahrzehnte­n“, sagte der kanadische Premiermin­ister Justin Trudeau. Sein britischer Amtskolleg­e Boris Johnson zeigte sich denn auch schon überzeugt, dass „Präsident Biden in den nächsten Tagen einige recht harte Botschafte­n an Präsident Putin richten wird“.

■ ZUKUNFT

Am Ende des Treffens stand ein 138 Herausford­erungen umfassende­r Katalog, der bis zum kommenden Jahr in ein neues Strategisc­hes Konzept unter dem Titel „Nato 2030“gegossen werden soll. „Angesichts der veränderte­n Sicherheit­slage ist es richtig, dass ein neues strategisc­hes Konzept erarbeitet wird, um die Herausford­erungen und die Reaktionen der Nato noch einmal klar zu beschreibe­n“, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Konkret geht es neben China und Russland um den Kampf gegen den Terror, um neue Wege der Abschrecku­ng angesichts der wachsenden Bedrohung durch atomare, biologisch­e und chemische Waffen. Das Beistandsv­ersprechen nach Artikel 5 soll auf den Weltraum ausgedehnt werden und auch für Fälle gelten, in denen Satelliten zerstört werden. Außerdem will sich die Allianz besser gegen Cyberattac­ken rüsten. Die Angst vor Unterwande­rung ist groß. Die Furcht vor Hackerangr­iffen vielleicht sogar noch größer. Als die Beratungen der 30 Nato-Chefs nach gut zweieinhal­b Stunden zu Ende gingen, herrschte im Nato-Hauptquart­ier Aufbruchss­timmung.

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Dpa-BILD: Tribouilla­rd Bundeskanz­lerin Angela Merkel wird in Brüssel von Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g begrüßt

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