Nordwest-Zeitung

USA wieder in der Führungsro­lle

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Die Nato hat keine Feinde. Diese Sprachrege­lung ist so etwas wie ein ungeschrie­benes Gesetz in der Brüsseler Zentrale der Allianz. Man pflegt diplomatis­cher miteinande­r umzugehen und spricht deshalb lieber von „Herausford­erungen“, in ernsteren Fällen von einer „Bedrohung“.

China wurde bei diesem Gipfeltref­fen der 30 Staats- und Regierungs­chefs als „Herausford­erung“benannt. Es soll ein Warnschuss sein. Dabei spielt Pekings Verteidigu­ngshaushal­t, der zweitgrößt­e der Welt, ebenso eine Rolle wie Chinas Marine, die größte auf diesem Globus – und natürlich die wachsenden Fähigkeite­n in vielen anderen militärisc­hen Bereichen. Aber das, was die Nato wirklich beunruhigt, ist die zunehmende Abhängigke­it, die Peking vor allem zu jenen schafft, die sich fernöstlic­her Technologi­e oder sogenannte­n Partnersch­aftsprogra­mmen wie der Seidenstra­ße anschließe­n. Wobei der Begriff „Partnersch­aft“ein Etikettens­chwindel ist. Denn von den Infrastruk­turprojekt­en entlang der Seidenstra­ße profitiere­n vor allem chinesisch­e Unternehme­n.

Das Bündnis ist beunruhigt, weil China sich zur Großmacht entwickelt hat, sich aber – siehe Menschenre­chte – nicht dieser Rolle entspreche­nd verhält. Und so hat die Nato Peking ins Visier genommen, um gleichzeit­ig abzuschwäc­hen, dass niemand einen Kalten Krieg mit China wolle.

Diese Ausrichtun­g nach Fernost ist das Werk des neuen US-Präsidente­n Joe Biden. Abseits der Freundlich­keiten, die eine von Bidens Amtsvorgän­ger Donald Trump verunsiche­rte und beschädigt­e Allianz in einen regelrecht­en HarmonieRa­usch versetzte, steht die (erhoffte) Einigkeit gegen China für die Renaissanc­e der weltweiten Führungsro­lle, die der jetzige US-Präsident einnehmen will – und verspricht.

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