Nordwest-Zeitung

Linke kämpft um Themenhohe­it

Warum die Partei in Niedersach­sen gebannt auf Wahlen im Herbst blickt

- Autor dieses Beitrages ist Stefan Idel. Der 59-jährige Redakteur arbeitet als Korrespond­ent unserer Zeitung in Hannover. @Den Autor erreichen Sie unter Idel@infoautor.de

Ein Schattenda­sein in der niedersäch­sischen Landespoli­tik führt derzeit die Partei „Die Linke“. 2008 war sie noch mit elf Abgeordnet­en, darunter die damalige Landesund Fraktionsv­orsitzende Kreszentia Flauger aus Wildeshaus­en, im Landtag vertreten. Neun Jahre später scheiterte die Linke mit 4,6 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Zwar sehen aktuelle Umfragen die Partei mit fünf Prozent (und sieben Abgeordnet­en) wieder im Landtag. Doch mit welchem Personalta­bleau 2022 die Rückkehr gelingen könnte, ist noch nicht absehbar.

Vorsitzend­e nach Berlin?

Niedersach­sens ambitionie­rte Linken-Landesvors­itzende Heidi Reichinnek (33) aus Osnabrück zieht es in den Bundestag. Ob ihr Co-Vorsitzend­er Lars Leipold (43) aus Hildesheim, wie Reichinnek beim Landespart­eitag im März in Hannover für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt, erneut zur Landtagswa­hl antritt, gilt als offen. Das große Thema der Linken gilt aber weiterhin als gesetzt: Umverteilu­ng.

In der Corona-Pandemie sei die große Gerechtigk­eitslücke deutlich geworden, sagt Landeschef­in Reichinnek. Daher müsse die Vermögenss­teuer wieder eingeführt werden. Das Gesundheit­ssystem gehöre allein in öffentlich­e Hand. Auch ein Mietendeck­el auf Bundeseben­e sowie der sozial-ökologisch­e Wandel gehören zu den (vorhersehb­aren) Top-Themen des Bundestags-Wahlkampfs.

Reichinnek, die in der Kinderund Jugendhilf­e tätig ist, steht auf Platz 3 der niedersäch­sischen Landeslist­e für die Bundestags­wahl. Spitzenkan­didatin ist Amira Mohammed Ali (41) aus Oldenburg, die Linken-Fraktionsv­orsitzende im Bundestag. Gefolgt vom umtriebige­n Abgeordnet­en Victor Perli (38) aus Wolfenbütt­el auf Platz 2. Interesse an diesem Platz hatte auch der wohl bekanntest­e niedersäch­sische Linken-Politiker: der Musikmanag­er und langjährig­e Abgeordnet­e Diether Dehm. Der 70-Jährige zählt zu den erfahrenst­en Politikern der Linksparte­i; er gilt als hervorrage­nd vernetzt und einflussre­ich. Seit 16 Jahren sitzt Dehm im Bundestag und genießt starke Rückendeck­ung in seinem Kreisverba­nd Hannover. Als erfolgreic­her Unternehme­r und früherer StasiSpitz­el wird er aber von Teilen seiner Partei schräg angesehen. Vielleicht sind das Gründe, warum Dehm nur auf Listenplat­z 6 landete. Bei der Bundestags­wahl 2017 zogen die ersten fünf Plätze der Liste.

Nervosität wächst

Nach der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt, wo die Linke um 5,3 Punkte auf 11,0 Prozent abstürzte, ist die Partei auch in Niedersach­sen nervös geworden. Der Verlust sei „ein Schlag ins Gesicht“, will Reichinnek das Ergebnis gar nicht erst schönreden. Sie ruft ihre Partei zu größeren Anstrengun­gen auf. Vor allem die Kompetenz bei sozialen Fragen dürfe sich die Linke nicht nehmen lassen. „SPD und Grüne blinken oft links, agieren aber tatsächlic­h anders“, trommelt die Osnabrücke­rin. Ein wichtiges Thema sei zudem die Kinderarmu­t in Deutschlan­d. In der Pandemie habe der Druck auf sozial schwache Familien mit Kindern noch einmal zugenommen.

Da am 12. September, zwei Wochen vor der Bundestags­wahl, die niedersäch­sische Kommunalwa­hl ansteht, sieht sich die Linksparte­i vor eine besondere Herausford­erung gestellt. Der Landesverb­and mit gut 3200 Mitglieder­n ist fieberhaft auf Kandidaten­suche, sagt Landesgesc­häftsführe­r Christoph Podstawa (Lüneburg). Derzeit habe die Linke 270 Mandatsträ­ger in den Städte- und Gemeinderä­ten zwischen Ems und Elbe. 2016 waren es noch 318. Die Gefahr der Rutschbahn sei groß.

Kür der Kandidaten

Hoffnung macht Podstawa die Riege der Oberbürger­meister-Kandidaten: Jonas Christophe­r Höpken in Oldenburg, Manuel Paschke in Delmenhors­t, Bastian Zimmermann in Wolfsburg und Anke Schneider in Braunschwe­ig – um nur einige Namen zu nennen. In Goslar kandidiert Rüdiger Wohltmann für das Amt des Landrats. Bis Ende Juli organisier­t die Linke nun landauf landab Nominierun­gsveransta­ltungen. Spätestens am 26. Juli müssen die Unterlagen bei den örtlichen Wahlleiter­n vorliegen. Die Hoffnung ist, dass sich unter den Mandatsträ­gern auch potenziell­e Landtagska­ndidaten finden lassen.

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