Nordwest-Zeitung

„Aschenputt­el“brachte den Durchbruch

Hausmeiste­r Axel Steinberg ist Staatsthea­ter-Fan – Leidenszei­t endet für ihn und das Ensemble

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg – Das Staatsthea­ter ist Axel Steinbergs zweite Heimat. Wenigstens ein- bis zwei mal pro Woche besucht der Mitarbeite­r im Hausmeiste­rTeam der Nordwest Mediengrup­pe eine Vorstellun­g. „Die Doppeloper ,Venus und Adonis’ und ,Dido and Aeneas’ habe ich 16 Mal gesehen“, schwärmt der 55-Jährige.

In den vergangene­n Monaten hat Axel Steinberg gelitten mit Schauspiel­ern, Sängern und Angestellt­en, denen die Pandemie von heute auf morgen das Haus abgesperrt hatte. „Wer eine Festanstel­lung hat, bekam den Kühlschran­k vielleicht noch voll. Aber was ist mit den freien Künstlern? Die hingen total in der Luft.“

Schnell Spaß verloren

Kontakt mit dem Theater hatte Axel Steinberg zwar schon als Kind. „Aber wenn der Vater, der Lehrer war, nach einer Vorstellun­g einen stets abfragt, verliert man als Jugendlich­er schnell den Spaß.“

Einen neuen Zugang lieferte eine CD von Rossinis ,Barbier von Sevilla’ mit Hermann Prey, die ihm Jahre später in die Hände gefallen ist. Weitere CDs mit Rossini-Opern folgten, bis ein Besuch von Rossinis „Cenerentol­a – Aschenputt­el“vor vier Jahren den Durchbruch brachte. „Das war eine

„Wie auf Schalke“: Theatergän­ger und Opernliebh­aber Axel Steinberg liebt das Staatsthea­ter und alles, was damit zu tun hat.

Zündkerze – das wollte ich nicht nur einmal hören.“

Das Theater drücke Gefühle aus, die man sonst nicht ausdrücken könne – „das hat mir in den vergangene­n eineinhalb Jahren gefehlt, sagt Axel Steinberg. „Töne helfen, den

Kopf frei zu machen für schönere Bilder als die, die wir täglich im Fernsehen sehen.“Ein Abo für zehn, manchmal auch nur fünf Aufführung­en im Monat gibt sein Budget her.

Begeistert erinnert sich Axel Steinberg, der nach der

Realschule eine Lehre im Automobilb­ereich absolviert und für eine Spedition gearbeitet hat, an die Oper „Dead Man Walking“vor drei Jahren am Staatsthea­ter über US-Gefängniss­e und das Für und Wider der Todesstraf­e. „Mit Melanie Lang, Kihun Yoon und Ann-Beth Solvang in den Hauptrolle­n – ein Jahrhunder­tstück. Wer die nicht gesehen hat, hat etwas verpasst.“

Nur zu gut erinnert sich der Theater-Fan an seine eigenen Erfahrunge­n als Hausmeiste­r in der JVA. „Da sieht man viele Schicksale, und alles sind Menschen – nicht jeder Lebenslauf ist ein Torpedo.“

Vom Beifall berührt

Am vergangene­n Sonntag ging die theaterlos­e Zeit für Axel Steinberg mit der Oper „Adriana“zu Ende. „Es konnten zwar nur gut 100 Personen in den Saal, aber man hat gemerkt, wie der Beifall das Ensemble berührt hat.“Die Auftritte im Internet auf der Plattform Youtube oder bei Oeins während der Pandemie seien für die Musikerinn­en und Musiker „wie Wellenreit­en ohne Wasser“gewesen; „wir haben am Sonntag etwas Wasser ins Bassin geschüttet“.

Bekannten und Kollegen erklärt Steinberg sein Hobby so: „Die einen gehen samstags ins Stadion oder kaufen sich Leichtmeta­llfelgen – ich setze mich ins rote Plüsch.“Wenn er am Theater vorbeispaz­iert, ist Axel Steinberg in Gedanken bei dem, was drinnen gerade passiert. „Es ist wie auf Schalke. Wenn der Hausmeiste­r dort nur Licht anmacht, sind die Fans sofort zur Stelle.“

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BILD: Torsten von Reeken

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