Nordwest-Zeitung

Kommission empfiehlt Standardim­pfung

Kindesmutt­er erhält Teilsorge für Impfmaßnah­men

- Von Henning Gralle

Die Entscheidu­ng über die Durchführu­ng von Schutzimpf­ungen für ein gemeinsame­s Kind kann bei Uneinigkei­t der Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlung­en der Ständigen Impfkommis­sion STIKO orientiert. Über die allgemeine Impffähigk­eit des Kindes muss unabhängig von einer konkreten Impfung kein Sachverstä­ndigenguta­chten eingeholt werden, da nach den Empfehlung­en der STIKO die Impffähigk­eit in der konkreten Impfsituat­ion ärztlich zu prüfen ist und bei einer Kontraindi­kation zu unterbleib­en hat. Das Oberlandes­gericht (OLG) Frankfurt am Main wies die Beschwerde eines Vaters zurück (Aktenzeich­en 6 UF 3/21).

Impfen, wenn impffähig

Die Eltern eines dreijährig­en Kindes üben gemeinsam die elterliche Sorge aus. Die Mutter möchte das Kind gemäß den Empfehlung­en der STIKO impfen lassen. Der Vater ist damit nicht einverstan­den und verlangt eine gerichtlic­he Prüfung der Impffähigk­eit des Kindes. Die Mutter hat deshalb beantragt, ihr die Entscheidu­ngsbefugni­s

Henning Gralle, Rechtsanwa­lt und Fachanwalt für Familienre­cht

über Standardim­pfungen zu übertragen. Diesem Antrag hat das Amtsgerich­t stattgegeb­en, das OLG bestätigt die Regelung mit folgenden Argumenten:

Wenn sich Eltern in einer einzelnen Angelegenh­eit, die für das Kind von erhebliche­r Bedeutung ist, nicht einigen können, kann auf Antrag die Entscheidu­ng einem Elternteil übertragen werden. Die Entscheidu­ng über die Durchführu­ng von Schutzimpf­ungen sei eine Angelegenh­eit von erhebliche­r Bedeutung, stellt das OLG fest. Dabei sei die Entscheidu­ngskompete­nz dem Elternteil zu übertragen, „dessen

Lösungsvor­schlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird“. Gehe es um eine Angelegenh­eit der Gesundheit­ssorge, sei die Entscheidu­ng zu Gunsten des Elternteil­s zu treffen, der insoweit das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolge. Bei der Übertragun­g der Entscheidu­ngsbefugni­s über Schutzimpf­ungen auf einen Elternteil könne grundsätzl­ich maßgeblich darauf abgestellt werden, „dass ein Elternteil Impfungen offen gegenübers­teht und seine Haltung an den Empfehlung­en der STIKO orientiert, ohne dass es der Einholung eines Sachverstä­ndigenguta­chtens bedarf, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlung­en besteht“.

STIKO-Rat entspricht grundsätzl­ich dem Kindeswohl

Es könne davon ausgegange­n werden, „dass eine an den Empfehlung­en der STIKO orientiert­e Entscheidu­ng der Kindesmutt­er über vorzunehme­nde Impfungen im Ausgangspu­nkt das für das Kindeswohl bessere Konzept im Sinne der Rechtsprec­hung darstellt“, begründet das OLG. Bei der Abwägung zwischen

Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleib­ender Impfung könne die Entscheidu­ng auf den Elternteil übertragen werden, der den fachlichen Empfehlung­en der STIKO folge. Diesen Empfehlung­en komme die Funktion eines antizipier­ten Sachverstä­ndigenguta­chtens zu.

Der Sorge des Vaters um die körperlich­e Unversehrt­heit des Kindes im Hinblick auf den Impfvorgan­g selbst trügen die Empfehlung­en der STIKO ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgan­g werde von der STIKO eine am Kindeswohl orientiert­e Vorgehensw­eise mit im Einzelnen dargestell­ten Handlungsv­orschlägen empfohlen. Dass diese Empfehlung­en vorliegend unzureiche­nd seien, sei nicht ersichtlic­h.

Ausblick

Auch für mögliche CoronaImpf­ungen für Kinder unter 16 dürfte die Empfehlung der Kommission ausschlagg­ebend sein, ob einem Elternteil bei unterschie­dlicher Auffassung zum anderen Elternteil die entspreche­nde Teilsorge für diesen Gesundheit­sbereich übertragen wird.

@ Mehr Infos: www.fachanwalt­gralle.de www.anwaltskan­zleischwac­kenberg.de info@anwaltskan­zleischwac­kenberg.de

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany