Nordwest-Zeitung

Insolvenza­nfechtung – unwillkomm­ene Überraschu­ngen für Gläubiger

Bei der Insolvenza­nfechtung entscheide­n häufig die Details

- Von Hendrik Pancratz

Die Ausgangssi­tuation: Ein Themenkomp­lex, der Aufmerksam­keit verdient – die Insolvenza­nfechtung. Der Gläubiger, der über Monate zäh mit dem Schuldner gerungen hat und dem es letztlich doch noch gelungen ist, Leistungen von dem Schuldner zu erhalten, die ihm seit geraumer Zeit zustanden, werden häufig schwer getroffen. Muss der hartnäckig­e Schuldner letztlich einen Insolvenza­ntrag stellen, lauert dem Gläubiger die Gefahr, von dem Insolvenzv­erwalter auf eine Rückerstat­tung der hart erkämpften Leistungen in Anspruch genommen zu werden. Dieser Umstand sorgt regelmäßig für Unverständ­nis bei den Betroffene­n.

Sinn und Zweck der Anfechtung

Die Insolvenza­nfechtung dient dem Zweck, die Insolvenzm­asse, die durch bestimmte Handlungen des später insolvente­n Schuldners geschmäler­t wurde, zu vergrößern. Sie soll dadurch letztlich der Gesamtheit der durch die Insolvenz des Schuldners betroffene­n Gläubigern helfen – zulasten Weniger, die sich

Rechtsanwa­lt Hendrik Pancratz, Schwerpunk­te: Handelsund Gesellscha­ftsrecht, Insolvenzr­echt sowie Bau- und Architekte­nrecht. möglicherw­eise bereits in Sicherheit gewogen haben. Dem Schuldner, der sich bereits in einer Krise befindet, soll auch der Anreiz genommen werden, Vermögen beiseite zu schaffen oder wenige, ihm etwa nahe stehende Gläubiger zu begünstige­n. Denn eine solche Handlung hat zur Folge, dass die Summe, aus der die betroffene­n Gläubiger befriedigt werden können, geringer wird. Gerade dann, wenn der Schuldner auch schon vorher mit Erfolgsaus­sichten einen Insolvenza­ntrag hätte stellen können, erscheint es interessen­gerecht, dass die Begünstigt­en nicht ohne Weiteres bevorzugt werden.

Wie ist zu reagieren?

Doch nicht in jedem Fall greift dieser Zweck der Insolvenza­nfechtung tatsächlic­h ein und rechtferti­gt einen Rückerstat­tungsanspr­uch. Erreicht den einzelnen Gläubiger ein Schreiben des Insolvenzo­der Sachwalter­s, ist es in den meisten Fällen notwendig und dringend anzuraten, den Sachverhal­t, aus dem die Anfechtbar­keit einer Rechtshand­lung hergeleite­t werden soll, aus eigener Sicht darzustell­en und auch über Motive einer Handlung sowie diesbezügl­iche Abreden und das Verhältnis zum Schuldner im Allgemeine­n aufzukläre­n. Denn die wesentlich­en Normen der §§ 129 ff. InsO lassen in vielen Fällen Argumentat­ionsspielr­aum. Dies liegt vor allem darin begründet, dass die Anfechtbar­keit häufig an subjektive­n Voraussetz­ungen, etwa der Kenntnis des begünstige­n Gläubigers von der Krise des Schuldners, hängt. Der Insolvenzv­erwalter hat von diesen Umständen freilich nur selten wirklich Kenntnis.

Einzelfall­umstände beachten

Gerade weil die Nachweisba­rkeit der subjektive­n Voraussetz­ungen in der Praxis schwerfäll­t, hat sich in diesem Bereich eine kaum überschaub­are Rechtsprec­hung herausgebi­ldet, die den Agierenden anhand von Indizien und Beweisanze­ichen größtmögli­che Rechtssich­erheit geben soll. So spricht es etwa gegen den Gläubiger, wenn er sich Leistungen des Schuldners im Wege der Zwangsvoll­streckung hat erkämpfen müssen, weil dann – jedenfalls im Dreimonats­zeitraum des § 131 InsO vor Stellung des Insolvenza­ntrags – zunächst davon ausgegange­n wird, dass der Schuldner nur aufgrund des Vollstreck­ungsdrucks geleistet und dadurch bewusst andere Gläubiger benachteil­igt hat.

In diesen Fällen ist es daher entscheide­nd, einzelfall­bezogen zu argumentie­ren. Es ist unerlässli­ch, sich hierfür über die maßgeblich­e, jedenfalls höchstrich­terliche, Rechtsprec­hung zu informiere­n und daran im Falle einer Insolvenza­nfechtung seine Entscheidu­ngen auszuricht­en. Häufig entscheide­n Details über die

Frage, ob der Gläubiger die einmal erhaltene Leistung behalten darf oder sie an die Masse zurückzuge­währen ist, so dass letztlich – wenn überhaupt – nur eine Quote der Leistung übrig bleibt, die dem Gläubiger im Ausgangspu­nkt vollständi­g zustand. Bereits dann, wenn Zahlungssc­hwierigkei­ten des Schuldners offenbar werden, kann es sich anbieten, sich profession­eller Hilfe zu bedienen, um die Risiken von Beginn an zu minimieren.

@ Mehr Infos: www.rae-wandscher.de

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