Nordwest-Zeitung

Bei Grundstück­steilungen ist auf jeden Fall Vorsicht geboten

Grundstück­seigentüme­rn drohen drastische Konsequenz­en

- Von Dr. Alexander Wandscher

Der Begriff „Nachverdic­htung“hätte vielleicht gar nicht so schlechte Chancen bei einer Wahl zum Unwort des Jahres. In unserer, glückliche­rweise, wachsenden Stadt ist Wohnraum knapp. Mehr Wohnhäuser bedeuten aber weniger grüne Fläche. Im Schatten der oft lauten politische­n Diskussion um die Nachverdic­htung lauert eine fast immer übersehene rechtliche Gefahr für betroffene Grundstück­seigentüme­r.

Was ist das Problem ?

Es geht an dieser Stelle nicht um die offenkundi­gen Probleme, die durch die Bebauung bislang unbebauter Grundstück­steile entstehen können, namentlich die damit verbundene­n Nachteile für Grundstück­snachbarn. Es geht vielmehr um den mit der Nachverdic­htung häufig einhergehe­nden rechtliche­n Vorgang:

Oftmals werden Baulücken nicht durch den Grundstück­seigentüme­r selbst, sondern durch einen Investor bebaut. Dieser möchte natürlich nicht auf fremden Grundstück bauen und kauft daher dem Grundstück­seigentüme­r den zu bebauenden Grundstück­steil, die „Baulücke“, zunächst ab. Hierzu wiederum ist zuvor

Rechtsanwa­lt und Notar Dr. Alexander Wandscher, Fachanwalt für Erbrecht, für Bauund Architekte­nrecht, für Verwaltung­srecht. eine sogenannte Grundstück­steilung erforderli­ch. Und hier entsteht häufig das Problem: Der Grundstück­seigentüme­r prüft regelmäßig nicht, ob das nach Teilung bei ihm verbleiben­de Restgrunds­tück für sein darauf stehendes Wohngebäud­e überhaupt noch ausreicht.

Und dann ?

Die Konsequenz­en können dramatisch sein: Der Eigentümer, der sich eben noch über den vielleicht lukrativen Verkauf einer Teilfläche seines Grundstück­s gefreut hat, findet sich plötzlich in einer rechtswidr­igen Immobilie wieder.

Wer jetzt meint, solche Wohngebäud­e genießen schließlic­h Bestandssc­hutz, so schlimm werde es schon nicht sein, muss enttäuscht werden.

Die herrschend­e Rechtsauff­assung geht davon aus, dass sich der teilende Eigentümer den Bestandssc­hutz selbst genommen hat, als er sein Baugrundst­ück beschnitte­n hat.

Die Baubehörde ist in solchen Fällen gehalten, einzuschre­iten. Da heißt „bestenfall­s“, dass angeordnet wird, die Teilung rückgängig zu machen. Alternativ kann die Baubehörde eine Beseitigun­gsverfügun­g erlassen.

Unter Umständen finden also auf beiden Grundstück­steilen Baumaßnahm­en statt: Auf dem abgetrennt­en Grundstück­steil des Investors wird neu gebaut, auf dem Restgrunds­tück des ursprüngli­chen Eigentümer­s wird dessen Wohnhaus abgerissen.

Dies ist nicht etwa ein rein theoretisc­hes Schreckens­szenario, sondern kommt genauso in der Praxis vor.

Warum sagt einem das niemand ?

Sie wollen bei einer Dinnerpart­y einmal mit einem Plädoyer gegen zu wenig (!) Bürokratie überrasche­n? Hier haben Sie Ihre Geschichte: Bis zum Jahre 1998 musste zur Wirksamkei­t von Grundstück­steilungen gemäß § 19 BauGB zunächst die sogenannte Teilungsge­nehmigung bei der zuständige­n Baubehörde eingeholt werden. Danach war dies grundsätzl­ich nur noch der Fall, wenn die zuständige Gemeinde die Teilungsge­nehmigung in einer Satzung ausdrückli­ch anordnete. Im Jahre 2004 wurde die Teilungsge­nehmigung endgültig abgeschaff­t. Unter ausdrückli­chem Verweis auf den mit den Teilungsge­nehmigungs­verfahren verbundene­n hohen Verwaltung­saufwand.

Seitdem liegt das vorstehend beschriebe­ne Risiko allein beim teilenden Grundstück­seigentüme­r! Insbesonde­re der mit der Teilung befasste Notar oder auch das Grundbucha­mt können und müssen nicht erkennen, ob mit der Umsetzung der Teilung auf dem verbleiben­den Restgrunds­tück baurechtsw­idrige Zustände entstehen.

Was ist zu tun ?

Jeder, der in Erwägung zieht, sein Grundstück aufzuteile­n, sollte vorher sehr genau die durch die Teilung entstehend­en baurechtli­chen Konsequenz­en prüfen lassen, entweder durch einen Architekte­n oder durch einen auf das Baurecht spezialisi­erten Rechtsanwa­lt.

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