Schreckgespenst Inflation wieder da
Warum die Teuerungsrate von 2,5 Prozent noch kein Grund zur Sorge ist
137,70 138,60 160,50 211,70
49,55 144,80 104,20 139,35 61,38 93,72
9,39 10,34 20,56 64,30 42,98 225,15 17,33 78,54 95,52 57,98 + 2,49% + 2,11% + 2,10% + 1,78% + 1,70% + 1,54% + 1,51% + 1,35% + 1,12% + 0,90%
– 7,44% – 3,22% – 2,74% – 2,46% – 2,27% – 2,15% – 1,87% – 1,75% – 1,73% – 1,73%
Berlin – Rasante Geldentwertung ist seit der Hyperinflation während der Weimarer Republik eine schreckliche Erfahrung, die die Deutschen nicht noch einmal erleben möchten. Sie schauen deshalb ängstlicher als andere in der Welt auf die Inflationsraten. Am Dienstag hat das Statistische Bundesamt (Destatis) für den Mai die aktuelle monatliche Rate veröffentlicht – sie liegt mit 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat auf dem höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Ökonomen sagen im zweiten Halbjahr sogar Teuerungsraten von fast vier Prozent voraus.
Kommt jetzt die große Inflationswende? Nein, meinen die meisten Experten. „Die große Mehrheit der Ökonomen, nicht nur bei den Banken übrigens, ist der Überzeugung, dass wir auch in näherer Zukunft in Deutschland und Europa kein Inflationsproblem haben werden“, sagt etwa Kristian Tödtmann, der GeldExperte der Dekabank.
■ Ölpreis: Vor allem die hohen Energiepreise heizten die Inflation an. Energie verteuerte sich laut Destatis im Mai um zehn Prozent binnen Jahresfrist. Ohne Energiepreise hätte die Inflationsrate bei nur 1,8 Prozent gelegen. Hinzu kommt, dass die Regierung Anfang 2021 den CO2-Preis eingeführt hat. Jede Tonne Treibhausgas im Verkehr und beim Heizen kostet jetzt 25 Euro. Das hat den Benzinpreis um etwa sieben Cent erhöht.
■ Mehrwertsteuer: Die Regierung hatte im zweiten Halbjahr 2021 auch die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent gesenkt, um die Konjunktur in der Corona-Krise zu stützen. Seit Jahresbeginn kletterte sie wieder auf den alten Stand, auch das trieb die Preise. Im zweiten Halbjahr 2021 wird dieser Sondereffekt noch sichtbarer in den Inflationsraten, weil die höheren Monatswerte dann mit den deutlich niedrigeren Werten von 2020 verglichen werden.
■ Löhne und Konjunktur: Deutschland stehe am Beginn eines kräftigen Aufschwungs, sagt Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Die Notenbank
erwartet ein Wachstum von 3,7 Prozent für 2021, 2022 werde die Wirtschaft gar mit 5,2 Prozent expandieren. Vor allem der private Konsum heizt die Konjunktur an – mit steigender Nachfrage steigen auch die Preise. Entscheidend für die weiteren Inflationsaussichten wird aber sein, ob sich der Preisauftrieb in höheren Löhnen niederschlägt. Bundesbank und viele Experten glauben, dass es nicht zu einer Lohn-Preis-Spirale kommen wird, weil sich der Arbeitsmarkt nach der Corona-Krise erst noch erholen müsse.
■ Geldpolitik: Die EZB blickt auf die Euro-Zone als Ganzes und dort ist die Inflation etwas gedämpfter als hierzulande. Sie erwartet im Gesamtjahr eine Rate von „nur“1,9 Prozent im Euro-Raum. Die Notenbank glaubt zudem an ein „Buckelprofil“bei der Inflation: Der aktuelle Anstieg sei nur vorübergehend, 2022 und vor allem 2023 werde sie mit 1,4 Prozent wieder deutlich unter dem EZB-Ziel von knapp unter zwei Prozent liegen.
■ Fazit: Grund zur Beunruhigung gibt es wegen der hohen Mai-Inflationsrate, Stand heute, wohl noch nicht. Doch erhöhte Wachsamkeit, wie sie etwa der Sparkassenverband der Notenbank empfiehlt, sollte auch Konsumenten und Sparern nicht schaden.