Wird ein Schlächter Präsident?
Was die iranische Opposition im Exil von der Welt erwartet
Im Iran wird am Freitag ein neuer Präsident gewählt. Wie in jeder Diktatur sind das fragwürdige „Wahlen“. Kandidaten werden gesiebt, keiner von ihnen stellt eine Bedrohung des herrschenden theokratischen Systems dar.
Experten und staatsnahe Umfrageinstitute sehen den Justizchef Ebrahim Raisi als Favoriten – und der ist ein besonders brutales Produkt des islamischen Regimes.
Ebrahim Raisi: In den 1980er Jahren Chefankläger des Klerus, Mitglied der Expertenversammlung und des Zweckmäßigkeitsrats, stellvertretender Ankläger am Teheraner Revolutionsgericht. „Raisi ist der Schützling von Ayatollah Khamenei, des Obersten Führers des Iran, der darauf vertraut, dass Raisi sein eigenes revolutionäres Erbe schützen und erweitern werde“, sagte Jim Phillips, Senior Research Fellow for Middle Eastern Affairs bei The Heritage Foundation. Und auch: „Er ist ein Serien-Menschenrechtsverletzer, der 1988 an Massenmorden an politischen Dissidenten beteiligt war, als er eine wichtige Rolle in einem Gremium spielte, das Tausende von politischen Gefangenen zum Tode verurteilte.“
Zeugen wie Farideh Goudarzi (59) erlebten 1983 hautnah den brutalen Auftritt Ebrahim Raisis in den Folterkammern des Regimes. Goudarzi ist eine Frau, die im Alter von 22 Jahren, als sie schwanger war, wegen ihrer Zugehörigkeit zu den oppositionellen „Volksmodjahedin“festgenommen wurde. Sie brachte ihren Sohn im Gefängnis zur Welt. Heute erzählt sie: „Ungefähr acht Männer standen da, um mich auszupeitschen. Aber ich erinnere mich vor allem an einen Mann – er war jung, vielleicht 21 oder 22, mit einem dunklen Hemd über der Hose. Er stand in der Ecke
und sah zu, wie die anderen Männer mich auspeitschten und wieder auspeitschten. Er schien es zu genießen. Dieser Mann war Ebrahim Raisi.“
Dieser Mann soll in der nächsten Woche Präsident der Islamischen Republik Iran werden. In seiner weiteren Karriere machte der vom Volk „Schlächter von Teheran“genannte Jurist diesem Titel alle
Ehre. Nun soll er die internationale Bühne betreten und die Islamische Republik nach außen vertreten.
Die internationale Gemeinschaft hat in der jüngsten Vergangenheit bewiesen, dass sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgen kann. Nicht ohne Grund gab es am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag das Balkantribunal. Die Täter des Völkermordes von Srebrenica wurden völkerrechtlich und rechtsstaatlich verurteilt. Afrikanische Diktatoren und Verbrecher gegen die Menschlichkeit wie Taylor oder Baschir wurden und werden vor Gericht gestellt. Die internationale Gemeinschaft sollte sich nun im Falle des Iran davor hüten, im Umgang mit Menschenrechtsverbrechen Nachsicht walten zu lassen und stattdessen diese guten Ansätze weiter verfolgen.
Sollte Raisi zum neuen Präsident der Islamischen Republik gewählt werden, muss das diplomatische Konsequenzen haben. Jedenfalls ist ein normaler Umgang mit einem Regime, das im In- und Ausland terroristische Verbrechen begeht, nicht vorstellbar. Die anstehenden Verhandlungen über das Atomprogramm, über wirtschaftliche und humanitäre Hilfe und darüber, dass das iranische Regime rechtsstaatliche Prinzipien einführen muss, sind neu auszurichten. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass die neuerliche Radikalisierung der iranischen Politik einen Krieg möglich erscheinen lässt.
Umso dringender ist es, dass die Staatengemeinschaft die Aktivitäten der Islamischen Republik stoppt und die notwendigen Veränderungen hin zu mehr Freiheit und Demokratie unterstützt. Dabei ist die Einbeziehung der oppositionellen Organisation, des Nationalen Widerstandsrates Iran und der vielen demokratischen Deutsch-Iranischen Gesellschaften unumgänglich.
Jedenfalls ist ein normaler Umgang mit einem Regime, das im Inund Ausland terroristische Verbrechen begeht, nicht vorstellbar.