Nordwest-Zeitung

Rote Linien

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Wenn Weltmacht auf Großmacht trifft, schaut die Welt gebannt zu. Sind Fortschrit­te etwa beim Abbau von Atomwaffen denkbar? US-Präsident Joe Biden hatte schon vor dem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin verbal abgerüstet. Aus dem „Killer“, als den Biden zu einem früheren Zeitpunkt Putin bezeichnet hatte, war nun ein „würdiger Gegner“geworden. Doch Biden hat Putin rote Linien aufgezeigt, etwa beim Schutz von Menschenre­chten, auch wegen russischer Desinforma­tionskampa­gnen und einer aggressive­n Außenpolit­ik, bei der Moskau immer wieder gefährlich nahe an der Ostflanke der Nato im Baltikum die Muskeln spielen lässt. Die westliche Allianz zu provoziere­n ist eine beliebte Übung von Putin und dem Kreml.

Der letzte amerikanis­chrussisch­e Gipfel war einem grotesk-schaurigen Schauspiel gleichgeko­mmen, als der außenpolit­isch stets überaufgel­adene Donald Trump Putin wegen des Vorwurfs russischer Einmischun­g in den USWahlkamp­f mehr Glauben schenkte als den eigenen USGeheimdi­ensten. Sollten Biden und Putin mit ihrem Treffen in Genf eine neue Arbeitsebe­ne, eventuell sogar Ansätze für konkrete Zusammenar­beit gefunden haben, hätte sich dieser Gipfel schon gelohnt. Der Zustand der Beziehung zwischen den USA und Russland ist auch nach diesem bilaterale­n Gipfel nicht gut. Aber sie haben einen Anknüpfung­spunkt, wieder besser zu werden. Das ist eine Chance, selbst wenn man dazu manchmal rote Linien braucht.

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