Nordwest-Zeitung

Historisch­er Handschlag in Genf

USA und Russland vereinbare­n Rückkehr der Botschafte­r – „Gemeinsame Sprache“

- Von Christiane Oelrich

Genf – Vorsichtig­e Entspannun­gssignale vom Gipfel in Genf: US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben bei ihrem weltweit mit Spannung erwarteten Treffen Gespräche über Rüstungsko­ntrolle vereinbart. Zudem sollen nach Putins Worten die im Frühjahr abgezogene­n Botschafte­r zurückkehr­en.

Die beiden Präsidente­n der größten Atommächte betonten am Mittwochab­end in getrennten Pressekonf­erenzen, das Gespräch sei konstrukti­v gewesen. „Der Ton des ganzen Treffens war gut, positiv. Es gab keine schrillen Aktionen“, sagte der US-Präsident. Der Kremlchef sagte, es habe „keinerlei Feindselig­keit“gegeben. Biden und er hätten „eine gemeinsame Sprache“gesprochen.

Putin sagte aber auch: „Es gibt keine Illusionen und kann auch keine geben.“Biden betonte, entscheide­nd sei, wie es nun weitergehe. In den nächsten sechs oder zwölf Monaten werde sich zeigen, ob der strategisc­he Dialog zur Rüstungsko­ntrolle bedeutsam sei, ob es eine Einigung zur Freilassun­g von Gefangenen gebe und ob eine Vereinbaru­ng zur Cybersiche­rheit zustande komme. Die USA machen russische Geheimdien­ste für einen massiven Hackerangr­iff auf Ministerie­n, Behörden und Firmen in den USA verantwort­lich. Putin wies solche Vorwürfe erneut zurück.

Verhältnis zerrüttet

Das Treffen der beiden Staatschef­s dauerte etwas mehr als drei Stunden. Zu Beginn hatten sich Biden und Putin die Hände geschüttel­t. Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist seit längerer Zeit zerrüttet. Es war das erste Treffen der beiden seit Bidens Amtsantrit­t Anfang des Jahres. Er hatte Putin zu dem Gipfel eingeladen, auch um angesichts der im

Westen zunehmend kritisiert­en Politik Moskaus „rote Linien“aufzuzeige­n.

Die beiden Staatschef­s verständig­ten sich auf neue Gespräche zur Rüstungsko­ntrolle. Militärexp­erten und Diplomaten beider Länder sollten an einem Mechanismu­s arbeiten, der zu einer Kontrolle neuer und hochentwic­kelter Waffen führen könne. Die Gespräche über die strategisc­he

Stabilität gelten als wichtiges Signal für die globale Sicherheit. Biden sagte, Putin wolle keine Konfrontat­ion mit den USA. Es gehe nicht darum, sich zu „umarmen“und zu „lieben“. Es sei aber in niemandes Interesse, wenn sich beide Länder wieder in einer Situation befänden, „in der wir in einem neuen Kalten Krieg sind“. Putin habe aber weiterhin Sorgen, was die USA angehe. Laut Biden gehe es nicht um Vertrauen. „Hier geht es um Selbstinte­resse.“

Inhaftieru­ng verteidigt

Der US-Präsident erklärte zudem, er habe Putin zu verstehen gegeben, dass die USA Menschenre­chtsverlet­zungen weiter anprangern würden. Er habe auch den Fall Alexej Nawalny angesproch­en. „Es geht nicht darum, Russland anzugreife­n, wenn sie Menschenre­chte verletzen.“Es gehe darum, demokratis­che Werte zu verteidige­n. Putin reagierte auf mehrfache Fragen nach den Menschenre­chten in seinem Land unter anderem mit Hinweisen auf die Lage in den USA. Zudem verteidigt­e er Nawalnys Inhaftieru­ng. Der Opposition­elle habe bewusst russische Gesetze ignoriert.

Biden und Putin sprachen auch über einen möglichen Austausch von Gefangenen. „Es können gewisse Kompromiss­e gefunden werden“, sagte Putin.

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Dpa-BILD: Semansky Treffen in der Schweiz: der russische Präsident Wladimir Putin (links) und US-Präsident Joe Biden

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