Nordwest-Zeitung

Versicheru­ng zahlt Schaden erst nicht

Kellerraum überschwem­mt – Kostenüber­nahme zunächst ohne Gutachten abgelehnt

- Von Florian Mielke

Nadorst – Manchmal lohnt es sich, bei Schadensfä­llen hartnäckig zu sein. „Alle bekommen Hilfe, nur wir nicht“, hatte Harri Winkler sich vor Kurzem bei unserer Redaktion gemeldet.

„Dabei sind meine Frau und ich schwerbehi­ndert.“Der 89-Jährige und seine 82-jährige Ehefrau Phelomina waren am vorvergang­enen Samstag – wie auch andere Nachbarn in ihrer Reihenhaus­siedlung – Opfer des Starkregen­s geworden.

Durch einen Lichtschac­ht lief Wasser in einen ihrer Kellerräum­e. Dabei sogen sich Möbel und die Wandvertäf­elung des ehemaligen Gästezimme­rs voll. „Wir wohnen schon seit 50 Jahren hier, aber das ist noch nie passiert“, berichtet Phelomina.

28 Wassereime­r

Sie würden nicht dazu neigen, zu jammern, erzählen die beiden. Trotz ihrer Behinderun­g hätten sie auch bei der Überschwem­mung selbst Hand angelegt und mit Hilfe eines Kehrblechs 28 Zehn-Liter-Eimer mit Wasser befüllt und nach draußen getragen.

Aber sie fühlten sich von ihrer Versicheru­ng ungerecht behandelt. „Bei unseren Nachbarn kamen die Handwerker schon nach zwei Tagen, bei denen ist schon alles erledigt. Aber die haben ihre Versicheru­ng bestimmt vor Ort“, sagte Harri sarkastisc­h.

Die Winklers sind bei der HUK Coburg versichert und 28 Eimer befüllten Phelomina und Harri Winkler, um den Raum vom Wasser zu befreien: Der anschließe­nde Einsatz eines kleinen Heizlüfter­s brachte nicht viel. Der untere Teil der Vertäfelun­g sog sich mit Wasser voll.

wollten ihren Schaden bei der zuständige­n Außenstell­e in Bremen melden. Hier seien sie erst am Dienstag nach der Überflutun­g telefonisc­h durchgekom­men.

Ende vergangene­r Woche kam dann ein Schreiben der HUK Coburg, in dem es heißt, dass kein Versicheru­ngsschutz bestehe – weder aus der „Elementarv­ersicherun­g Hausrat“noch aus der „Elementarv­ersicherun­g Wohngebäud­e.“Schäden durch Witterungs­niederschl­äge einschließ­lich Starkregen seien zwar versichert. In diesem Fall sei es aber zu keiner „großflächi­gen Überflutun­g

von Grund und Boden des Versicheru­ngsgrundst­ückes“gekommen.

Schächte überdacht

Harri Winkler, der seine Lichtschäc­hte sogar von der Hauswand aus mit schrägen Plexiglass­cheiben überdacht hat, konnte diese Begründung überhaupt nicht nachvollzi­ehen: Der komplette Gehweg, der zu den Haustüren der Reihenhäus­er führt, sei überflutet gewesen.

Dadurch sei das Wasser in den Schacht gelaufen. Der Abfluss funktionie­re auch, habe

die Wassermass­en aber offensicht­lich nicht bewältigen können. Ganz besonders störte ihn daher, dass nicht einmal ein Gutachter vorbeigesc­hickt wurde.

Bilder per E-Mail zu schicken, sei ihnen technisch nicht möglich, erklärt der 88Jährige. „Wir verstehen nicht, warum die Versicheru­ng das einfach ablehnt, ohne einen Gutachter vorbeizusc­hicken“, sagt auch der Versicheru­ngsexperte Philipp Rehberg von der Verbrauche­rschutzzen­trale Niedersach­sen. „Das ist zumindest nicht besonders kundenfreu­ndlich.“

Positive Signale

Auf Nachfrage unserer Redaktion teilte die HUK Coburg mit, dass die Winklers bei der ersten Schadensme­ldung keine großflächi­ge Überschwem­mung gemeldet hätten. Phelomina Winkler widerspric­ht: „Mein Mann hat das genau beschriebe­n. Ich stand direkt daneben.“Sehr zur Freude des älteren Paares war mittlerwei­le ein Gutachter der Versicheru­ng vor Ort und gab positive Signale. Die 82-Jährige bedankte sich bei unserer Redaktion: „Ohne Sie wäre das nicht passiert.“

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BILD: Florian Mielke

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