Ex-Chef kann auf Geld von EWE hoffen
Justiz Landgericht legt im Streit um Brückmanns Klitschko-Spende Vergleich nahe
Oldenburg – Im Streit um die fristlose Kündigung von EWEChef Matthias Brückmann 2017 infolge der umstrittenen Klitschko-Spende schlägt das Landgericht Oldenburg einen Vergleich vor (Az.: 15 O 560/17). Der Vorsitzende Richter Alexander Wiebe warb bei einer Verhandlung am Donnerstag für eine Lösung, die die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Brückmann wegen der Spende mit umfasst. Brückmanns Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz zeigte sich offen für eine solche Einigung, die sein Mandant bereits zu Anfang des Rechtsstreits 2018 angeregt habe. Für die EWE sicherte der Anwalt Andreas Meyer-Landrut zwar zu, den Vorschlag den Entscheidungsgremien vorzulegen, zeigte sich aber skeptisch bezüglich einer schnellen Einigung.
Der EWE-Aufsichtsrat hatte sich vom damaligen Vorstandsvorsitzenden getrennt, nachdem dessen nicht abgestimmte Großspende über 253000 Euro an die Stiftung der Boxer-Brüder KlitschkoStiftung bekannt geworden war. Brückmann hält die Vorwürfe für unzutreffend und klagte auf Wiedereinstellung.
Am Donnerstag sagte ExEWE-Vorstandsmitglied Nikolaus Behr als Zeuge aus. Welche Konsequenzen der Abgang des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Werner Brinker 2015 aus Behrs Sicht auch für die Spendenpraxis der EWE hatte, lesen Sie auf
Oldenburg – Es war der Vorabend eines wichtigen Geschäftstermins beim Walldorfer Software-Unternehmen SAP am 20. Juli 2016. EWE-Vorstandschef Matthias Brückmann saß mit seinen Vorstandskollegen Nikolaus Behr und Michael Heidkamp bei einem Italiener in Heidelberg. Abteilungsleiter Rainer Raddau habe sich schon zurückgezogen, als Brückmann bei einem Glas Wein von seiner Spende an die Klitschko-Stiftung zu erzählen begann. „Da habe ich das erste Mal von der Sache gehört“, berichtete ExEWE-Vorstand Nikolaus Behr.
Zeuge Nikolaus Behr
Wie es um die Spendenpraxis bei der EWE bestellt gewesen sei, wollte der Vorsitzende Richter Alexander Wiebe vom Zeugen Behr bei der Verhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht wissen. Behr, der wie Brückmann wegen seines Rauswurfs gegen die EWE klagt, zeichnete ein wenig schmeichelhaftes Bild vom Umgang mit Geld. Zum Teil seien Spenden- und Sponsoringanfragen im Vorstand erörtert und entschieden worden, zum Teil möglicherweise aber auch nicht. Spenden durch den Aufsichtsrat genehmigen zu lassen, sei seiner Erinnerung nach weder Vorschrift noch Praxis gewesen.
Das sei mit dem Wechsel von Werner Brinker zu Brückmann anders geworden. Die Summe von 70 Millionen Euro, die in Brinkers Amtszeit
an Spenden und Sponsoring ausgegeben worden seien, habe den Aufsichtsrat bestürzt. Das Kontrollgremium habe beschlossen, das Volumen runterzufahren und den Nutzen zu prüfen. Dies sei unter Brückmann geschehen.
Welche Regeln galten?
Behrs Schilderungen als Zeuge boten eine Reihe pikanter Details. Worin ihr Nutzen besteht, um über Brückmanns Klage entscheiden zu können, wurde dem Beobachter allerdings
nicht klar. Denn dass Brückmann 253000 Euro bei einer Geburtsgala in Kiew 2016 zugesagt hat, ist unstrittig. Entscheidend ist, ob die nach Brückmanns Antritt beschlossenen Regeln für Spenden über 50 000 Euro bereits galten oder nicht. Und ob Brückmann sich einer „groben Verfehlung“schuldig gemacht hat – wie der Aufsichtsrat festgestellt hatte – oder nicht.
Brückmanns Seite verweist auf formale Schritte, die zum Zeitpunkt der Spendenzusage noch ausstanden. Die EWE betont,
der entscheidende Beschluss sei schon gefallen und Brückmann bekannt gewesen.
Bis Anfang August will das Landgericht den streitenden Parteien Zeit lassen, sich außergerichtlich zu einigen. Sollte das nicht gelingen, müsste das Gericht weitere Schritte zur Klärung einleiten – das könne zu einem jahrelangen Rechtsstreit führen, sagte Richter Wiebe mit einem warnenden Unterton. Zumindest die Streichung von Brückmanns Ruhegeldansprüchen durch die EWE stehe auf juristisch
wackeligen Füßen, machte Wiebe deutlich.
Für Brückmann wäre ein Vergleich ein Erfolg – finanziell und für seine Reputation. Die EWE sieht hingegen keinen Grund, den Abgang ihres Ex-Chefs, dem sie neben der Klitschko-Spende finanzielle Grenzüberschreitungen beim Oldenburger Opernball und der Nutzung der Lounge im Weser-Stadion vorhält, zu versilbern. Großes Gewicht hat nun der EWE-Aufsichtsrat. Einlenken oder nicht – davon hängt der weitere Kurs ab.