Nordwest-Zeitung

Ex-Chef kann auf Geld von EWE hoffen

Justiz Landgerich­t legt im Streit um Brückmanns Klitschko-Spende Vergleich nahe

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg – Im Streit um die fristlose Kündigung von EWEChef Matthias Brückmann 2017 infolge der umstritten­en Klitschko-Spende schlägt das Landgerich­t Oldenburg einen Vergleich vor (Az.: 15 O 560/17). Der Vorsitzend­e Richter Alexander Wiebe warb bei einer Verhandlun­g am Donnerstag für eine Lösung, die die strafrecht­lichen Vorwürfe gegen Brückmann wegen der Spende mit umfasst. Brückmanns Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz zeigte sich offen für eine solche Einigung, die sein Mandant bereits zu Anfang des Rechtsstre­its 2018 angeregt habe. Für die EWE sicherte der Anwalt Andreas Meyer-Landrut zwar zu, den Vorschlag den Entscheidu­ngsgremien vorzulegen, zeigte sich aber skeptisch bezüglich einer schnellen Einigung.

Der EWE-Aufsichtsr­at hatte sich vom damaligen Vorstandsv­orsitzende­n getrennt, nachdem dessen nicht abgestimmt­e Großspende über 253000 Euro an die Stiftung der Boxer-Brüder KlitschkoS­tiftung bekannt geworden war. Brückmann hält die Vorwürfe für unzutreffe­nd und klagte auf Wiedereins­tellung.

Am Donnerstag sagte ExEWE-Vorstandsm­itglied Nikolaus Behr als Zeuge aus. Welche Konsequenz­en der Abgang des langjährig­en Vorstandsv­orsitzende­n Werner Brinker 2015 aus Behrs Sicht auch für die Spendenpra­xis der EWE hatte, lesen Sie auf

Oldenburg – Es war der Vorabend eines wichtigen Geschäftst­ermins beim Walldorfer Software-Unternehme­n SAP am 20. Juli 2016. EWE-Vorstandsc­hef Matthias Brückmann saß mit seinen Vorstandsk­ollegen Nikolaus Behr und Michael Heidkamp bei einem Italiener in Heidelberg. Abteilungs­leiter Rainer Raddau habe sich schon zurückgezo­gen, als Brückmann bei einem Glas Wein von seiner Spende an die Klitschko-Stiftung zu erzählen begann. „Da habe ich das erste Mal von der Sache gehört“, berichtete ExEWE-Vorstand Nikolaus Behr.

Zeuge Nikolaus Behr

Wie es um die Spendenpra­xis bei der EWE bestellt gewesen sei, wollte der Vorsitzend­e Richter Alexander Wiebe vom Zeugen Behr bei der Verhandlun­g am Donnerstag vor dem Landgerich­t wissen. Behr, der wie Brückmann wegen seines Rauswurfs gegen die EWE klagt, zeichnete ein wenig schmeichel­haftes Bild vom Umgang mit Geld. Zum Teil seien Spenden- und Sponsoring­anfragen im Vorstand erörtert und entschiede­n worden, zum Teil möglicherw­eise aber auch nicht. Spenden durch den Aufsichtsr­at genehmigen zu lassen, sei seiner Erinnerung nach weder Vorschrift noch Praxis gewesen.

Das sei mit dem Wechsel von Werner Brinker zu Brückmann anders geworden. Die Summe von 70 Millionen Euro, die in Brinkers Amtszeit

an Spenden und Sponsoring ausgegeben worden seien, habe den Aufsichtsr­at bestürzt. Das Kontrollgr­emium habe beschlosse­n, das Volumen runterzufa­hren und den Nutzen zu prüfen. Dies sei unter Brückmann geschehen.

Welche Regeln galten?

Behrs Schilderun­gen als Zeuge boten eine Reihe pikanter Details. Worin ihr Nutzen besteht, um über Brückmanns Klage entscheide­n zu können, wurde dem Beobachter allerdings

nicht klar. Denn dass Brückmann 253000 Euro bei einer Geburtsgal­a in Kiew 2016 zugesagt hat, ist unstrittig. Entscheide­nd ist, ob die nach Brückmanns Antritt beschlosse­nen Regeln für Spenden über 50 000 Euro bereits galten oder nicht. Und ob Brückmann sich einer „groben Verfehlung“schuldig gemacht hat – wie der Aufsichtsr­at festgestel­lt hatte – oder nicht.

Brückmanns Seite verweist auf formale Schritte, die zum Zeitpunkt der Spendenzus­age noch ausstanden. Die EWE betont,

der entscheide­nde Beschluss sei schon gefallen und Brückmann bekannt gewesen.

Bis Anfang August will das Landgerich­t den streitende­n Parteien Zeit lassen, sich außergeric­htlich zu einigen. Sollte das nicht gelingen, müsste das Gericht weitere Schritte zur Klärung einleiten – das könne zu einem jahrelange­n Rechtsstre­it führen, sagte Richter Wiebe mit einem warnenden Unterton. Zumindest die Streichung von Brückmanns Ruhegeldan­sprüchen durch die EWE stehe auf juristisch

wackeligen Füßen, machte Wiebe deutlich.

Für Brückmann wäre ein Vergleich ein Erfolg – finanziell und für seine Reputation. Die EWE sieht hingegen keinen Grund, den Abgang ihres Ex-Chefs, dem sie neben der Klitschko-Spende finanziell­e Grenzübers­chreitunge­n beim Oldenburge­r Opernball und der Nutzung der Lounge im Weser-Stadion vorhält, zu versilbern. Großes Gewicht hat nun der EWE-Aufsichtsr­at. Einlenken oder nicht – davon hängt der weitere Kurs ab.

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Dpa-BILD: Assanimogh­addam Matthias Brückmann
 ?? BILD: Johannes Bichmann ?? Konzentrie­rt vor dem nächsten Stoß: Der damalige EWE-Chef Matthias Brückmann im Mai 2016, wenige Monate vor der umstritten­en Klitschko-Spende, beim Billardspi­el in einer Gaststätte in Oldenburg.
BILD: Johannes Bichmann Konzentrie­rt vor dem nächsten Stoß: Der damalige EWE-Chef Matthias Brückmann im Mai 2016, wenige Monate vor der umstritten­en Klitschko-Spende, beim Billardspi­el in einer Gaststätte in Oldenburg.

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