Nordwest-Zeitung

Extremer „Flügel“reaktivier­t?

Warum in der niedersäch­sischen AfD derzeit ein Machtkampf tobt

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover/Verden – Der Bundesvors­tand der AfD will in Niedersach­sen durchgreif­en und drei Mitglieder des Landesvors­tandes aus der Partei rausschmei­ßen. Das Ausschluss­verfahren richtet sich gegen Stephan Bothe (Lüneburg), Uwe Wappler (Verden) und Thorsten Althaus (Celle). Der Landesvors­tand unter Jens Kestner (Northeim) widerspric­ht, will im Detail aber zu den Vorwürfen keine Stellung beziehen. Trotz entspreche­nder Bitte habe man sich noch „keinen Überblick über die dem Bundesvors­tand offenbar vorliegend­en Erkenntnis­se verschaffe­n können“, erklärt AfD-Landesgesc­häftsführe­r Nicolas Lehrke auf Anfrage.

Parallelst­rukturen

Und darum geht es: Etwa 20 aktive niedersäch­sische AfD-Mitglieder sollen bei einem Treffen im Februar in Verden den offiziell aufgelöste­n „Flügel“neu belebt und beschlosse­n haben, „Parallelst­rukturen“aufzubauen. Der „Flügel“um den Thüringer AFD-Chef Björn Höcke wird vom Verfassung­sschutz seit 2020 als rechtsextr­emistisch eingestuft und mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln beobVon

achtet. Auf Druck des Parteivors­tands unter Jörg Meuthen hatte das Netzwerk seine Auflösung bekannt gegeben. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz zeigt sich allerdings wenig beeindruck­t.

Die Informatio­nen zu dem Verdener Treffen seien ihm „parteiinte­rn zugespielt worden“,

erklärte Meuthen. Der Fall sei dann im Bundesvors­tand besprochen worden.

AfD-Landesvize Bothe sieht dem Verfahren nach eigenen Worten gelassen entgegen. Er habe sich nichts vorzuwerfe­n und sei sich keiner Schuld bewusst, sagte er der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“.

dem Treffen der Gruppierun­g unter der Bezeichnun­g „Patrioten“gibt es Mitschnitt­e und ein schriftlic­hes Gedächtnis­protokoll, die dem Politikjou­rnal Rundblick sowie WDR und NDR zugespielt wurden. Der Mitschnitt sei illegal erstellt worden, betont der niedersäch­sische AfDBundest­agsabgeord­nete und ehemalige Landeschef ArminPaul Hampel. Die Verbreitun­g stünde unter Strafe. Bothe erklärt, er gehe davon aus, dass im Verfahren nur Beweismitt­el genutzt würden, „die legal zustande gekommen sind“.

Frist läuft ab

Es dürfte kein Zufall sein, dass diese Details nun auftauchen: Der AfD-Landesvors­tand bereitet laut Lehrke eine neue Versammlun­g zur Aufstellun­g der Liste zur Bundestags­wahl vor. Termin und Ort stünden aber noch nicht fest. Im ersten Anlauf war überrasche­nd nicht das Lager um Kestner und Hampel gewählt worden, sondern gemäßigte Kandidaten. Der Vorstand spricht von Formfehler­n und drängt auf Wiederholu­ng. Gegner sehen das als „faulen Trick“, um eine Korrektur zu erreichen. Die Uhr tickt: Bis zum 19. Juli, 18 Uhr, muss die AfD-Landeslist­e bei der Landeswahl­leiterin vorliegen.

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Dpa-Archivbild: Frankenber­g Unter Druck: AfD-Landeschef Jens Kestner (rechts) und sein Stellvertr­eter Stephan Bothe.

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